Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mutwilligkeit der Klage zur Feststellung eines Grades der Behinderung bei fehlendem Nutzen für den Betroffenen
Orientierungssatz
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt neben der hinreichenden Erfolgsaussicht auch voraus, dass die Klage dem Kläger tatsächlich einen Nutzen bringen kann und insoweit nicht mutwillig ist. Ein solcher Nutzen fehlt im sozialgerichtlichen Verfahren über die Zuerkennung eines Grades der Behinderung, wenn für den Betroffenen aus einer Feststellung des begehrten Grades der Behinderung kein tatsächlicher Vorteil folgen wird, der über die bloße Zuerkennung hinaus geht (hier: Feststellung eines GdB von 80 bei einem dauerhaft erwerbslosen Betroffenen).
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes wird abgelehnt.
Gründe
I.
Bei dem 1956 geborenen Antragsteller ist durch Bescheid vom 10.02.2011 seit 27.08.2010 ein GdB von 70 festgestellt. Ein Änderungsantrag vom 05.09.2011 war erfolglos geblieben (Bescheid vom 23.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 23.01.2012, Rücknahme der Klage S 8 SB 219/12 nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.05.2013). Zur Begründung seines am 11.02.2014 gestellten Änderungsantrages gab der Kläger an, seine Depressionen und sein Hörvermögen hätten sich verschlechtert. Mit Bescheid vom 10.04.2014 und Widerspruchsbescheid vom 27.08.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Feststellung eines höheren GdB ab.
Mit seiner am 04.09.2014 erhobenen Klage begehrt der Antragsteller die Feststellung eines GdB von mindestens 80 und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Auf Anfrage des Gerichts, welchen Vorteil der Antragsteller von einem höheren GdB habe, hat er durch seinen Bevollmächtigten mitteilen lassen, dass er, sollte es ihm gelingen, wieder eine Arbeitsstelle zu finden, einen höheren Pauschbetrag in Anspruch nehmen könne. Darüber hinaus könnten Schwerbehinderte mit einem GdB von 80 Aufwendungen für private Fahrten mit dem PKW bis 3.000 Km in Höhe von 0,30 EUR pro Kilometer geltend machen. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der Kläger bei einer Begutachtung im Verfahren S 10 R 699/10 im Juni 2011 angegeben habe seit ca. 15 Jahren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig zu sein. Daran hat sich in den letzten dreieinhalb Jahren anscheinend nichts geändert, denn der Kläger beziehe nach den im PKH-Verfahren vorgelegten Unterlagen Leistungen nach dem SGB II und dürfte aufgrund dessen auch seit Jahren keine Steuern gezahlt und deshalb nicht von Steuerfreibeträgen profitiert haben. Die genannten Vorteile des Klägers aus der Feststellung eines höheren GdB sind danach eher hypothetischer Natur. Es werde darauf hingewiesen, dass auch bei unterstellter hinreichender Erfolgsaussicht einer Klage Prozesskostenhilfe zu versagen sei, wenn die Prozessführung mutwillig erscheine. Das könne der Fall sein, wenn ein Kläger keinen realistischen Vorteil aus der Durchsetzung seines Klagezieles erlangen könne und ein verständiger und vernünftiger Betroffener, der für seine Kosten selbst aufkommen müsse, diesen Prozess nicht führen würde. Auf Nachfrage hat der Kläger weiter mitgeteilt, er gehe aktuell nicht davon aus, dass er in der Zukunft arbeiten werde. Steuern habe er zuletzt vor ca. 10 Jahren gezahlt.
Ausweislich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der dazu beigefügten Unterlagen bezieht der Kläger Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter Anrechnung einer Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit. Seine Ehefrau erhält Leistungen nach dem SGB II.
II.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter unter bestimmten persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung ausreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 114 Abs. 2 ZPO ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Auch wenn unter Berücksichtigung der Klagebegründung hinreichende Erfolgsaussichten der Klage bei summarischer Prüfung nicht verneint werden und der Antragsteller nach den eingereichten Unterlagen nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, kann ihm Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, denn die Rechtsverfolgung erscheint mutwillig im Sinne der Regelung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Aus der gesetzlichen Regelung in § 114 ZPO, der kumulativen Aufzählung in Abs. 1 und der ausdrücklichen Klarstellung in Abs. 2 (obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht) ergibt sich, dass die Voraussetzung hinreichende Erfolgs...