Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten gestellten Leistungsantrags bei Versäumung der Bescheidungsfrist durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB 5 gewährt dem Antragsteller bei Versäumung der Bescheidungsfrist eines Leistungsantrags durch die Krankenkasse sowohl einen Sachleistungs- als auch einen Kostenerstattungsanspruch.
2. Die vom Versicherten begehrte Leistung darf nicht außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen.
3. Der Versicherte muss die beantragte Leistung für erforderlich halten dürfen. Zum Leistungkatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört u. a. die Liposuktion - Fettabsaugung - .
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 verurteilt, der Klägerin drei Liposuktionsbehandlungen (Arme, Oberschenkel, Unterschenkel) entsprechend dem Kurzgutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Eintritt der Genehmigungsfiktion bezüglich ambulanter Liposuktionsbehandlungen.
Die am 23.06.1993 geborene Klägerin erkundigte sich mündlich und schriftlich am 09.06.2016 nach einem von ihr am 18.02.2016 persönlich in einer Filiale der Beklagten abgegebenen Antrag auf Übernahme von Liposuktionen unter Hinweis auf die in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Bearbeitungsfristen. Entsprechend einem Aktenvermerk, waren auf Seiten der Beklagten keine Antragsunterlagen zu finden, sodass die Klägerin gebeten wurde, diese erneut einzureichen. Die Klägerin reichte daraufhin einen Antrag auf Kostenübernahme vom 18.02.2016 ein, welcher Bezug nimmt auf ein Kurzgutachten von Dr. H., Fotos und auf eine Kostenaufstellung. Auf dem nochmals durch die Klägerin eingereichten Antrag vom 18.02.2016 war mit einem Stempel der Beklagten und Paraphe handschriftlich vermerkt worden "abgegeben 18.02.2016". In dem ebenfalls erneut eingereichten Gutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 wird bestätigt, dass die Klägerin unter einem Lipödem leide und dass Liposuktionen an Unterschenkeln, Oberschenkeln und Armen erforderlich seien. Dr. H. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass bis zur Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der GKV entsprechende Abrechnungsziffern im EBM fehlen, sah jedoch aufgrund Art. 2 GG die Voraussetzungen für eine Gewährung als Einzelfallentscheidung als erfüllt an.
In der Verwaltungsakte befinden sich im Folgenden zwei Schreiben der Beklagten vom 16.06.2016 an die Klägerin. Mit einem Schreiben (Blatt 27 VA) wird die Klägerin darüber informiert, dass die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Begutachtung beauftragt hat. In einem zweiten Schreiben (Blatt 28 VA) wird der Antrag der Klägerin abschlägig beschieden. Tatsächlich erstattete der MDK am 24.06.2016 ein Gutachten, demzufolge eine Kostenübernahme bis zur Entscheidung es GBA nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom 05.07.2016 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die beantragten Liposuktionen unter Verweis auf das Gutachten des MDKs vom 24.06.2016 ab.
Die Klägerin hat am 28.07.2016 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 01.08.2016 hat die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten eingelegt ohne diesen weiter zu begründen.
Die Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 zurückgewiesen. Begründend hat sie ausgeführt, dass die Liposuktion als neue Behandlungsmethode bisher nicht im Sinne des § 135 SGB V von Seiten des GBA empfohlen worden sei. Die Voraussetzung einer Leistungsgewährung bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V seien ebenfalls nicht erfüllt. § 13 Abs. 3a SGB V greife nur ein, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Die Liposuktion gehöre nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sodass auch die Genehmigungsfiktion nicht herangezogen werden könne.
Anders als die Beklagte vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sich ihr Anspruch auf Gewährung der Liposuktionsbehandlungen auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V stützen lässt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 zu verurteilen, der Klägerin drei Liposuktionsbehandlungen (an Armen, Oberschenkel und Unterschenkel) entsprechend dem Kurzgutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer im Rahmen des Widerspruchsbescheids vertretenen Auffassung, dass der Antrag der Klägerin vom 18.02.2016 nicht fiktionsfähig sei, da die begehrten Lipo...