Entscheidungsstichwort (Thema)
Desinfektionskosten des Fahrzeugs nach Krankentransport als Bestandteil der von der Krankenkasse zu übernehmenden Fahrkosten
Orientierungssatz
1. Bei der Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs ist als Fahrkosten nach § 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB 5 der nach § 133 SGB 5 berechnungsfähige Betrag von der Krankenkasse zu tragen. Hierzu zählen beim Transport eines Dialyse-Patienten als Folgekosten die für eine Desinfektion des Fahrzeugs anfallenden Kosten. Dabei hat die Krankenkasse grundsätzlich die von den Kommunen festgesetzten Entgelte zu begleichen.
2. Bei der Durchführung von Fahrzeug-Desinfektionen handelt es sich vorrangig nicht um eine Angelegenheit der Gefahrenabwehr und damit nicht um eine den Kommunen zugewiesene öffentliche Aufgabe. Zu den von der Krankenkasse zu tragenden Fahrkosten gehört, dass ein Einsatzfahrzeug nach dem Transport eines Patienten, der an einer ansteckenden Erkrankung leidet, desinfiziert wird und für einen nächsten Rettungseinsatz wieder in einen keimfreien Zustand versetzt wird, vgl. BSG, Urteil vom 20. November 2008 - B 3 KR 25/07 R.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2008 verurteilt, an den Rechtsnachfolger des Klägers 2.850 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 24.10.2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Im Streit ist die Frage, ob der Rechtsnachfolger des Klägers gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von Desinfektionskosten in Höhe von 2.850 EUR hat, die dem Kläger von der Stadt W. für mehrfache Krankentransporte in Rechnung gestellt worden waren.
Der am 10.03.19xx geborene und am 26.01.20xx verstorbene Kläger war Dialyse-Patient. Die ärztlichen verordneten Krankentransporte zu den Dialyse-Behandlungen wurden überwiegend von einer privaten Firma durchgeführt und die entsprechenden Kosten von der Beklagten beglichen. Im hier streitigen Zeitraum vom 06. bis zum 23.05.20xx wurden die Krankentransporte von der Stadt W. übernommen. Hintergrund war, dass der Kläger sich eine MRSA-Infektion zugezogen hatte. Daraufhin stellte die Stadt W. der Beklagten neben der Grundgebühr und den Fahrtkilometern einen "Zuschlag Infektionstransport" in Höhe von 150 EUR in Rechnung. Grundlage hierfür war die Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 (§ 1 Ziffer 3 iVm Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W.). Die Pauschale wurde mit Wirkung zum 01.07.2007 neu festgelegt. In der zuvor geltenden Satzung war nach der Art des Einsatzfahrzeugs unterschieden worden. Die Desinfektionspauschale betrug vorher 95 EUR bei der Benutzung eines Notarztwagens, 55 EUR bei einem Rettungswagen und 20 EUR bei einem Krankentransportwagen.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheiden vom 28.04.2008 und 01.07.2008 mit, dass sie die notwendigen Fahrtkosten zu den Dialyse-Behandlungen in einem Krankentransportwagen in der streitigen Zeit übernehme. Im Rahmen der Abrechnung der Stadt W. lehnte sie indes die Übernahme der Desinfektionspauschalen ab. Daraufhin forderte die Stadt W.l den Kläger durch entsprechende Bescheide zur Zahlung der Pauschale in Höhe von je 150 EUR auf. Gemäß § 3 Abs. 1 der Gebührensatzung für die Benutzung von Krankenkraftwagen im Kreis Wesel vom 14.06.2007 sei gebührenpflichtig, wer den Krankenwagen benutzt oder bestellt. Für Gebührenpflichtige, die einer gesetzlichen Krankenkasse oder Ersatzkasse angehören, könnten die Gebühren mit der betreffenden Kasse abgerechnet werden, sofern eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit des Krankentransportes sowie der Nachweis über die Zugehörigkeit zu einer Krankenkasse oder eine andere Kostensicherung beigebracht werden kann. Diesen Nachweis habe der Kläger erbracht. Daher seien die Rechnungen bei der Beklagten eingereicht worden. Die Beklagte habe die Zahlung der Desinfektionspauschale mit der Begründung abgelehnt, dass in der Grundgebühr auch die Kosten für etwaige Zusatzleistungen enthalten sein müssten. Dies sei aus Sicht der Stadt W. umstritten und werde nur von der Beklagten so gesehen. Die Stadt W. stelle dem Kläger anheim, sich diesbezüglich nochmals mit der für ihn zuständigen Geschäftsstelle der Beklagten zu wenden. Dies entbinde ihn jedoch nicht von der Zahlungspflicht ihr gegenüber.
Daraufhin stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Desinfektionspauschalen. Er sei bereit, gegen die Gebührenbescheide der Stadt W. gerichtlich vorzugehen, wenn die Beklagte ihm zusichere, ihn von sämtlichen Kosten freizustellen. Seines Erachtens nach gehe es lediglich um eine Streitfrage, die im Verhältnis zwischen der Stadt W. und der Beklagten zu klären sei. Letztlich beglich der Kläger die Forderung der Stadt W. und bezifferte gegenüber der Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2008 sein Erstattungsbegehren auf 2.850 EUR. Es handele sich um Folgekosten der Transportkosten, die im Auftrag der Beklagten entstanden seien. Mit...