Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrecht: Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Orientierungssatz
Auch der Dienstvertrag eines Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, begründet jedenfalls dann die Annahme einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung, wenn er ein festes monatliches Entgelt erhält, das auch im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird, ihm zudem bezahlter Erholungsurlaub zugestanden und ein Dienstwagen zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er seine mit der Geschäftsführertätigkeit verbundene Vertretungsberechtigung nur in dem Umfang ausüben kann, wie ihm diese durch die Gesellschafterversammlung zugestanden wird und er entsprechende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht verhindern kann. Dabei genügt es zur Verneinung einer Weisungsgebundenheit noch nicht, wenn er als Gesellschafter eine Sperrminorität lediglich in Bezug auf einen bestimmten Kreis von Gesellschafterbeschlüssen ausüben kann, nicht jedoch auf alle ihm nicht genehmen Beschlüsse.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist die Frage, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Beigeladene in der Zeit vom 01.05.2017 bis zum 31.07.2018 der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen ist der Betrieb einer Versicherungsagentur. Die Gesellschaft wurde durch Beschlussfassung und Gesellschaftsvertrag vom 22.03.2017 gegründet. Das Stammkapital beträgt 25.002 EUR, wobei sowohl der Kläger als auch sein Bruder Fabian S. und sein Vater Gregor S. jeweils 8.334 Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von jeweils 1 EUR übernahmen. In der Gesellschafterversammlung vom 22.03.2017 wurde der Kläger, Herr Fabian S. und Herr Gregor S. durch einstimmigen Beschluss zu Geschäftsführern der Gesellschaft mit Einzelvertretungsbefugnis bestellt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sowohl der Kläger als auch Herr Gregor S. und Herr Fabian S. sind gelernte Versicherungskaufleute. Die Eintragung der GmbH im Handelsregister erfolgte am 27.04.2017.
In dem Gesellschaftsvertrag vom 22.03.2017 ist u. a. Folgendes geregelt:
" § 4 Geschäftsführung und Vertretung (1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Die Bestellung erfolgt durch die Gesellschafterversammlung; sie ist jederzeit widerruflich. Ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter ist, kann nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Die Entscheidung trifft die Gesellschaftsversammlung mit einer 2/3-Mehrheit, wobei der betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt ist. ( ) (3) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so sind sie zur Einzelvertretung berechtigt, sofern in diesem Vertrag im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist. (4) Jedem Geschäftsführer kann Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden, so dass er die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten vertreten kann. (5) Die Geschäftsführer sind verpflichtet, den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten, insbesondere eine von den Gesellschaftern aufgestellte Geschäftsordnung zu beachten und von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichnete Geschäfte auch nur mit deren Zustimmung vorzunehmen. ( ) (7) Für folgende Geschäfte hat der/die Geschäftsführer stets die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen, die darüber durch Beschluss zu entscheiden haben: a) Veräußerung und Stilllegung des Betriebes der Gesellschaft oder wesentlicher Teile hiervon, b) Errichtung von Zweigniederlassungen, c) Erwerb oder Veräußerung anderer Unternehmen oder Beteiligungen der Gesellschaft, d) Aufnahme neuer und Aufgabe bisheriger Geschäftszweige, e) Aufnahme stiller Gesellschafter und Eingehen stiller Gesellschaften, f) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Rechtsgeschäfte, g) Abschluss, Kündigung und Änderung aller Verträge mit den Gesellschaftern dieser Gesellschaft und mit Personen, die an Gesellschaften dieser Gesellschaft beteiligt sind, deren Ehegatten und deren Abkömmlinge, h) Abschluss und Änderung von Miet- und Pachtverträgen über Immobilien, i) Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten, j) Einstellung, Beförderung und Entlassung von Arbeitnehmern, deren jährliche Vergütung 15.000 EUR überschreitet, Erteilung von Versorgungszusagen jeder Art, k) Investitionen über einen Betrag von 20.000 EUR im Einzelfall hinaus sowie Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Dauerschuldverträgen, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als 10.000 EUR oder jährlich mit mehr als 10.000 EUR belasten, l) Inanspru...