Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. zeitgleiche Erhebung verschiedener Untätigkeitsklagen. nicht "dieselbe Angelegenheit". Gebührenminderung durch reduzierten Aufwand

 

Orientierungssatz

1. Verschiedene - zeitgleich erhobene - Untätigkeitsklagen auf Bescheidung von (am gleichen Tag gestellten) Überprüfungsanträgen, welche unterschiedliche Ausgangsbescheide betreffen, in denen SGB 2-Leistungen für verschiedene Zeiträume bewilligt bzw abgelehnt worden sind, stellen nicht dieselbe Angelegenheit in gebührenrechtlichem Sinne dar.

2. Ein für den Rechtsanwalt durch die Erhebung der (hier: vier) zeitgleich erhobenen Untätigkeitsklagen reduzierter Aufwand kann sich indes nach § 14 RVG gebührenmindernd auswirken.

 

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlusserinnerung der Staatskasse wird die PKH-Vergütung für das Verfahren S 24 AS 1876/13 in Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 25.05.2016 auf 142,80 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Anschlusserinnerung zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Erinnerungsführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe(PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig sind die Höhe der Verfahrensgebühr und einer (fiktiven) Terminsgebühr sowie die Frage, ob dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vorliegt.

In dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren ging es um eine am 27.12.2013 erhobene Untätigkeitsklage (S 24 AS 1876/13). Geltend gemacht wurde die nach § 88 SGG nicht zeitgerechte Bescheidung des Überprüfungsantrags vom 07.01.2013. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklagen in den Verfahren: S 24 AS 1885/13 (S 7 SF 162/16 E), S 24 AS 1877/13 (S 7 SF 164/16 E), S 24 AS 1884/13 (S 7 SF 163/16 E). In diesen Verfahren ging es ebenfalls um die Nichtbescheidung von Überprüfungsanträgen, alle vom 07.01.2013, die auf Überprüfung unterschiedlicher Bescheide gerichtet waren.

Die Beklagte wies zunächst darauf hin, dass sie keine Kenntnis von den Überprüfungsanträgen habe und beschied die vier Überprüfungsanträge vom 07.01.2013 in einem gemeinsamen Bescheid vom 16.06.2014. Der Klägerbevollmächtigte erklärte die Untätigkeitsklagen am 11.08.2015 für erledigt. In allen Verfahren gewährte das Gericht dem Kläger mit Beschluss vom 12.08.2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A.

Am 22.04.2016 beantragte der Klägerbevollmächtigte die Festsetzung seiner Vergütung in folgender Höhe:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

150,00 €

Fiktive Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG

135,00 €

Pauschale Post u. Telekommunikation,

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

305,00 €

MwSt. 19 %, Nr. 7008 VV RVG

 57,95 €

Gesamtbetrag

362,95 €

Die Urkundsbeamtin des Gerichts setzte die Kosten mit Beschluss vom 25.05.2016 auf 172,55 € fest. Dabei berücksichtigte sie folgende Positionen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

125,00 €

Pauschale Post u. Telekommunikation,

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

145,00 €

MwSt. 19 %, Nr. 7008 VV RVG

 27,55 €

Gesamtbetrag

172,55 €

Die Verfahrensgebühr sei mit 125,00 Euro angemessen angesetzt, da der Prozessbevollmächtigte 4 gleichgelagerte Verfahren eingereicht, auf die Ermittlungen keinen Einfluss genommen und selbst nichts angeregt habe. Akteneinsicht sei nicht notwendig gewesen und durch die Parallelverfahren seien Synergieeffekte eingetreten. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3006 VV RVG sei nicht festzusetzen, da kein Termin stattgefunden habe und das Verfahren nicht durch Anerkenntnis erledigt worden sei.

Der Klägerbevollmächtigte, im weiteren Erinnerungsführer, hat am 14.07.2016 Erinnerung eingelegt. Bei der Untätigkeitsklage habe es sich vom Umfang her um ein durchschnittliches Verfahren gehandelt. Eine Reduzierung der Verfahrensgebühr aufgrund eingetretener Synergieeffekte rechtfertige sich nicht, da jedes Verfahren andere Zeiträume betroffen habe und die Verfahren unabhängig voneinander geführt worden seien. Hinsichtlich der Anerkennung einer fiktiven Terminsgebühr verweist er auf eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 13.01.2014 (L 2 AS 250/12 B).

Der Erinnerungsführer beantragt,

die Gebühren, so wie beantragt, festzusetzen.

Die Staatskasse hat am 22.11.2016 ebenfalls Erinnerung eingelegt, mit der Sie beantragt,

die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts FFM vom 25.05.2016, Az.: S 24 AS 1885/13, S 24 AS 1877/13 und S 24 AS 1876/13 abzuändern und die aus der Staatskasse zu bezahlende Vergütung auf 0,00 Euro festzusetzen.

Zunächst verweist Sie auf die Ausführungen in dem Verfahren S 24 AS 1884/13. In diesem Verfahren hat die Führerin der Anschlusserinnerung vorgetragen, nach den Kriterien des § 14 RVG sei die Festsetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe von 100,00 Euro wegen der durch die parallel geführten Untätigkeitsklagen entstandenen Synergieeffekte als angemessen anzusehen. Eine...

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