Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Teilanerkenntnis. Voraussetzungen des Entstehens einer Einigungsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Die Annahme eines Teilanerkenntnisses bei Erledigungserklärung des Rechtsstreites erfüllt nicht die Voraussetzungen für das Entstehen der Einigungsgebühr, weil dadurch kein Vertrag zustande kommt.
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. April 2013 - S 31 R 741/09 - ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin die von der Beklagten und Erinnerungsgegnerin an ihn zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in Form der Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 589,76 Euro festgesetzt. Soweit der Kläger in dem vorliegenden Erinnerungsverfahren statt der Festsetzung der Erledigungsgebühr die Festsetzung einer Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV-RVG geltend macht, gebietet dies keine Abänderung der Entscheidung der Urkundsbeamtin. Die Voraussetzungen für eine Einigungsgebühr gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nrn. 1000, 1006 VV-RVG sind nicht gegeben.
Nach der amtlichen Anmerkung zu Nr. 1000 VV-RVG entsteht eine Einigungsgebühr in gerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen, als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Nach dieser Maßgabe kam die Festsetzung einer Einigungsgebühr vorliegend nicht in Betracht. Zum einen spricht einiges dafür, dass es sich bei dem Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2012 um ein Anerkenntnis handelte, das eine Einigungsgebühr ausschließt. Denn in diesem Schriftsatz wurden wörtlich “die von der Klägerseite in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Zeiten anerkannt und eine Neuberechnung der Altersrente des Klägers vorgenommen„. Auch die Klägerseite behandelte diese Erklärung als Anerkenntnis, als sie mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17. Oktober 2012 erklärte, “Das Anerkenntnis wird hiermit angenommen und die Angelegenheit für erledigt erklärt.„
Zwar bestehen gewisse Zweifel, ob es sich bei der Erklärung der Beklagten vom 31. Juli 2012 nicht doch um ein Teilanerkenntnis gehandelt hat (das dann im Übrigen auch die Zuerkennung einer fiktiven Terminsgebühr ausschließen würde), weil jedenfalls die in dem Antrag aus der Klageschrift vom 30. November 2009 bezeichneten Zeiten nicht vollumfänglich erwähnt wurden (bspw. wurden Zeiten bis Dezember 1995 geltend gemacht, während die Erklärung der Beklagten ausdrücklich nur Zeiten bis 15. Mai 1995 betraf). Aber selbst wenn der Schriftsatz der Beklagten vom 31. Juli 2012 lediglich als Teilanerkenntnis anzusehen wäre und damit die Einschränkung der Nr. 1000 VV-RVG (“…,es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.„) nicht greifen würde, ist eine Einigungsgebühr nicht entstanden. Denn zwischen den Beteiligten wurde kein Vertrag abgeschlossen.
Ein Vertrag setzt zwei übereinstimmende und mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen voraus. Zwar ist eine Einigung mit Entstehung der Einigungsgebühr auch zu bejahen, wenn in einem Rechtsstreit der Kläger die Klage zum Teil zurücknimmt und der Beklagte im Übrigen die Klagforderung anerkennt. Erforderlich ist insoweit jedoch, dass die Beteiligten dies verabredet haben und die Entscheidung nicht nur auf einem einseitigen Entschluss des Klägers oder des Beklagten beruht. Bloße einseitige Erklärungen, auch wenn sie von beiden Seiten abgegeben werden und zur Beendigung eines Rechtsstreits führen, genügen jedoch für die Annahme einer Vereinbarung nicht (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. März 2013 - L 7 AS 1391/12 B -; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage 2012, Nr. 1000 VV RVG Rn. 35). Bei der Abgabe des (Teil-)Anerkenntnisses durch die Beklagte und dessen Annahme durch den Kläger handelte es sich um einseitige Erklärungen und nicht um einen Vertrag.
Zum einen hat die Beklagte ihr (Teil-)Anerkenntnis vom 31. Juli 2012 gerade nicht davon abhängig gemacht, dass der Kläger auf die von ihm darüber hinaus vermeintlich geltend gemachten Zeiten verzichtet. Zum anderen ist der vermeintliche Verzicht des Klägers auf Anerkennung weiterer Zeiten nicht das Ergebnis eines gegenseitigen Aushandelns, sondern eine einseitig vorgenommene Einschränkung. Es handelt sich insoweit mangels überstimmender Willenserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB - gerichtet auf einen dementsprechenden Vertragsschluss - hier nicht um einen Vertrag zwischen den Parteien.
Nach alledem konnte die Erinnerung keinen Erfolg haben.
Diese Entscheidung ist endgültig und damit unanfechtbar, vgl. § 197 Abs. 2 SGG (vgl. auch LSG Hessen, Beschluss vom 13. Mai 2011 - L 2 R 54/11 B -).
Fundstellen