Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Kurierfahrer
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist ein Kurierfahrer in die betriebliche Organisation seines Auftraggebers eingegliedert, richtet sich seine Vergütung entsprechend den von ihm vermittelten Umsätzen, ist er ausschließlich für seinen Auftraggeber tätig und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
3. Dem widerspricht nicht die Anmeldung eines Gewerbes durch den Kurierfahrer sowie ein fehlender Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf Urlaubsgeld.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen.
Die Beigeladene stellte am 3.7.2000 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten (Bl. 1 VA). In dem Antrag wurde angegeben, dass sie Kuriersendungen von Kunden zu den angegebenen Adressen befördere. Die Tätigkeit werde seit September 1994 ausgeübt (Bl. 1 VA). Sie sei nicht für mehrere Auftraggeber tätig. Es würden keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung ihrer Tätigkeit erteilt werden. (Bl. 2 VA).
Die Klägerin und die Beigeladene schlossen folgenden Vertrag, in welchem die Klägerin als A. und die Beigeladene als Unternehmer bezeichnet wird:
1. Die A. unterhält eine Vermittlungszentrale. Der Unternehmer erhält über die Funkzentrale Aufträge zur Durchführung von Transportdienstleistungen gegen Kreditscheine. Verwendung finden ausschließlich die von der A. verwendeten Vordrucke für das Kreditverfahren.
2. Der Unternehmer erhält von der A. ein Funkgerät für die Dauer der Tätigkeit für die A. Zur Sicherstellung, dass zum gewünschten Zeitpunkt ein Funkgerät für den Unternehmer zur Verfügung steht, hat dieser sich in die Anwesenheitsliste für Zweiradkuriere einzutragen. Diese Liste wird wöchentlich erstellt und liegt im Stadtbüro aus.
Der Unternehmer verpflichtet sich das Funkgerät sorgfältig zu behandeln.
Der Unternehmer haftet für alle an und durch die Funkanlage entstandenen Schäden während seines Besitzes, die er vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat. Die A. behält den Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsgebühr gem. 7. auch dann, wenn aufgrund des Verschuldens des Unternehmers die Funkanlage nicht benutzbar ist. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Deutschen Bundespost Bestandteil dieses Vertrages.
3. Die A. hat für die Funkanlage eine Schwachstromversicherung abgeschlossen Die Versicherung beinhaltet Schutz bei Diebstahl- und Elementarschäden.
Lehnt die Versicherung eine Schadensregulierung ab, haftet der Unternehmer für alle entstandenen Schäden.
Die Kosten für die Schwachstromversicherung trägt die A.
Bei einem Elementar- oder Diebstahlschaden hat der Unternehmer unverzüglich die Polizei und die A. zu unterrichten.
4. Der Unternehmer verpflichtet sich, am 15. und an jedem Monatsletzten alle bis dahin ordnungsgemäß unterschriebenen Kreditscheine der A. gegenüber abzurechnen und zu übergeben. Der Unternehmer bekommt den erzielten Umsatz der Kreditscheine von der A. gutgeschrieben.
5. Am 15. und am 30. des laufenden Monats erhält der Unternehmer jeweils 50%, den, nach Abzug sämtlicher Forderungen der A. an den Unternehmer, verbleibenden Betrag des Vormonats per Verrechnungsscheck. Fällt der 15. bzw. 30. des laufenden Monats auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzt. Feiertag, gilt der darauffolgende Werktag als vereinbart.
6. Erreicht der Unternehmer gegenüber der A. ein Negativsaldo, so ist der Unternehmer innerhalb von 3 Werktagen zum Ausgleich der A. gegenüber verpflichtet. Die A. ist ausschließlich Vermittler und übernimmt keine Haftung für abgeschlossene Fahraufträge. Die A. kann die Vermittlung von Fahraufträgen nicht garantieren. Für den Fall, dass die A. Aufträge wegen technischer Störung der Zentrale oder durch technische Störung des Netzbetreibers nicht vermitteln kann, entfällt jede Haftung von der A. Für den Fall, daß die A. aus eigenem Verschulden Aufträge nicht vermitteln kann, entfällt die Verpflichtung des Unternehmers, für diesen Zeitraum Vermittlungsgebühr zu zahlen.
Eine weitergehende Haftung der A. ist ausgeschlossen. Soweit Schadensersatzansprüche von der A. gegenüber Dritten bestehen, tritt die A. diese Schadenersatzansprüche auf Verlangen an den Unternehmer ab und unterstützt i...