Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Überfall. tätlicher Angriff. vorsätzlicher Angriff. betriebsbezogenes Tatmotiv. Beweggründe. Beweislosigkeit. Beweislast
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Unfallrente aufgrund eines tätlichen Angriffs entfällt, wenn die Beweggründe für die Tat dem privaten Bereich des Verletzten zuzurechnen sind. Können weder Täter noch Tatmotiv festgestellt werden, so geht dies zu Lasten der insoweit beweispflichtigen BG.
Tenor
1. Der Bescheid vom 9. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2002 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, das Ereignis vom 5. Dezember 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Strittig ist unter den Beteiligten, ob es sich bei dem tätlichen Angriff auf den Kläger um einen Arbeitsunfall handelt.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger ist von Beruf Bauingenieur und war zum Zeitpunkt des Überfalls Oberbauleiter bei der Fa. D. und W. AG, F.
Am 05.12.2000 wurde der Kläger auf dem Weg zur Arbeit vor seiner Wohnung beim Einsteigen in seinen PKW von einem unbekannten, maskierten Täter überfallen. Dieser hatte ihn angegriffen und ihm mit einem großen Gegenstand wie einer Machete oder ähnlichem am Kopf, Gesicht, Auge, rechte Schulter, beide Hände, am linken Unterarm und an beiden Beinen massive Hiebverletzungen zugefügt .
Mit Bescheid vom 05.12.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab, da es sich um einen gezielten Angriff gegen den Kläger gehandelt habe, der nicht im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gestanden habe. Für einen gezielten Angriff aus persönlichen Motiven spreche, dass der Kläger von dem Täter offensichtlich aufgelauert worden sei. Auch die Tatsache, dass der Angreifer eine Waffe mit einer großen Klinge bei sich getragen habe, spreche für eine geplante Tat. Dagegen gäbe es keine Anhaltspunkte für ein betriebsbezogenes Tatmotiv.
Mit dem dagegen am 05.05.2001 eingelegten Widerspruch machte der Kläger u.a. geltend, dass auch ein gezielter Angriff als Arbeitsunfall anerkannt werden könne. Es gäbe keinerlei Hinweise dafür, dass der Überfall privater Ursache gewesen sei. Angesichts seiner Stellung als Oberbauleiter könne es ebenso sein, dass ein verärgerter Nachunternehmer hinter der Tat stecke. Im Übrigen habe die Beklagte zu beweisen, dass der Überfall privat motiviert gewesen sei. Dies sei ihr nicht gelungen, so dass sie angesichts der ihr obliegenden Beweislast das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen habe.
Die Beklagte zog sodann die Ermittlungsunterlagen der Staatsanwaltschaft D. bei. Die Behörde teilte unter dem 16.11.2001 mit, dass bislang nicht habe geklärt werden können, aus welcher Motivation heraus der Kläger Opfer des Angriffs geworden sei. Eine Festlegung auf ein privates oder betriebsbezogenes Motiv könne derzeit nicht erfolgen.
Sodann wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.01.2002 zurück. Nach nochmaliger Würdigung aller ermittelten Tatsachen sprächen die Indizien für eine gezielte und geplante Gewalttat aufgrund von privaten Motiven aus dem früheren bzw. jetzigen familiären Umfeld. Die Hinweise des Klägers auf berufliche Tatmotive hätten in den Ermittlungsakten keine Bestätigung gefunden. Soweit ergäben sich nicht einmal Verdachtsmomente. Es hätten zur Tatzeit auch keine besonderen Umstände wie Dunkelheit oder einsame Gegend vorgelegen, die den tätlichen Angriff auf dem Arbeitsweg entscheidend begünstigt hätten. Zur Bestätigung ihrer Rechtsauffassung verwies die Beklagte auf das Urteil des BSG vom 30.06.1998 (B 2 U 27/97 R), in dem es um einen Überfall auf einen Angehörigen der Sikh-Gemeinde ging. Auch hier seien Täter und Tatmotiv nicht abschließend zu ermitteln gewesen. Da alle möglichen Beweggründe aber ausschließlich im Zusammenhang mit dem privaten Umfeld, nämlich mit der Mitgliedschaft zu den Sikhs zu suchen gewesen seien, habe das BSG einen inneren Zusammenhang des Arbeitsweges mit der beruflichen Tätigkeit abgelehnt und damit den Überfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt. So liege der Fall auch hier.
Mit der dagegen am 25.02.2002 erhobenen Klage setzt der Kläger sein Begehren fort. Auch nach Jahren hätten die Täter und das Tatmotiv nicht aufgeklärt werden können. Die Auffassung der Beklagten, dass die Tat jedenfalls privat motiviert gewesen sei, finde keinerlei Bestätigung in den Ermittlungsakten. Sie beruhe allein auf Vermutungen. Da die Beklagte nicht in der Lage sei zu beweisen, dass der Überfall privat motiviert gewesen sei, habe sie das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 09.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.02 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 05.12.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Di...