Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Verfahrensgebühr. Vorschuss. Festsetzung in Höhe von 70% der Mittelgebühr
Orientierungssatz
Die Festsetzung eines aus der Staatskasse zu zahlenden Vorschusses auf die Verfahrensgebühr an einen im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt in Höhe von 70% der Mittelgebühr ist nicht zu beanstanden.
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Erinnerung hat keinen Erfolg. Die Urkundsbeamtin hat den aus der Staatskasse zu zahlenden Vorschuss aus der Prozesskostenhilfe zutreffend festgesetzt. Vorliegend ist ein Vorschuss auf die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 70 % der Mittelgebühr festzusetzen.
Der gemäß § 47 RVG festzusetzende Vorschuss ist auch in sozialgerichtlichen Verfahren zu gewähren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach § 47 RVG ein Vorschuss auf die „entstandenen Gebühren“ gefordert werden kann. Anders als bei den Auslagen, für die auch für „voraussichtlich entstehende(n)“ ein Vorschuss verlangt werden kann, kann es bei den Gebühren nach diesem Gesetzeswortlaut nur darauf ankommen, welche Tätigkeiten bislang zu vergüten sind. Diesbezüglich lässt sich weder dem Festsetzungsantrag noch der Erinnerung entnehmen, dass bereits Gebühren in Höhe der Mittelgebühr entstanden sind.
Unabhängig davon, ob im vorliegenden Verfahren bei der endgültigen Festsetzung eine Reduzierung der Gebühren wegen entstehender Synergieeffekte bei zeitgleichen Parallelverfahren in Betracht kommt, begegnet die Kürzung der Gebühren um 30 % keinen Bedenken. Auch insoweit sind die Kriterien des § 14 RVG zugrunde zu legen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Beantragung eines Vorschusses in der Regel bei wertender Betrachtung noch von einem unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen ist. Insbesondere sind zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch keine Tätigkeiten vorgenommen worden, die sich auf die Vorbereitung eines Termins beziehen.
Zu einem sozialgerichtlichen Verfahren gehört nach der gesetzlichen Konzeption auch die Verhandlung der Sache in einem Termin, wie sich den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug entnehmen lässt. Zwar wird die Wahrnehmung während des Termins (auch) über die Terminsgebühr abgegolten, die allerdings erst mit dem Aufruf der Sache entsteht. Mithin ist die anwaltliche Tätigkeit, die der Terminsvorbereitung dient, sei es in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht, noch von der Verfahrensgebühr umfasst, und gehört zum „durchschnittlichen“ Klageverfahren vor dem Sozialgericht.
Gründe, die vorliegend die Festsetzung eines höheren Vorschusses rechtfertigen, sind nicht dargelegt worden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG.
Fundstellen
AGS 2019, 481 |
NJW-Spezial 2019, 605 |