Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung. Widerspruch. Klage. Verurteilung zur Erstattung der Kosten des (Leistungs-)Widerspruchsverfahrens. Erzwingung der Kostenfestsetzung durch Behörde durch Urteilsvollstreckung. Kosten des (Kosten-)Widerspruchsverfahrens. gerichtliches Kostenfestsetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Lehnt eine Behörde durch separaten Bescheid gem § 63 SGB 10 die Erstattung der Kosten eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens gegenüber dem Widerspruchsführer ab und führt sie sodann bezüglich dieser Kostenentscheidung (entsprechend der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung) ein förmliches Widerspruchsverfahren durch, sind dem obsiegenden Widerspruchsführer die RA-Gebühren für dieses Kostenwiderspruchsverfahren neben den RA-Gebühren für das Widerspruchsverfahren in der Sache zu erstatten.
2. Wird eine Behörde durch Urteil zur Kostenerstattung bezüglich der Kosten eines Widerspruchsverfahrens, das sich auf eine materielle Sachentscheidung bezieht, verurteilt, und wurde bezüglich der Kosten dieses Widerspruchsverfahrens ein eigenständiges weiteres Widerspruchsverfahren durchgeführt, können im Wege der gerichtlichen Kostenfestsetzung gem § 197 Abs 1 SGG nur die RA-Gebühren für das Widerspruchsverfahren über die Kostenerstattung geltend gemacht werden. Die Kostenfestsetzung durch die Behörde betreffend das Widerspruchsverfahren in der Sache gem § 63 Abs 3 SGB 10 muss durch Vollstreckung des Urteils erzwungen werden.
Tenor
1. Die Erinnerung der Erinnerungsführer gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. April 2011 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Erinnerungsführern und Klägern des Ausgangsverfahrens zu erstattenden Kosten.
1. Dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit S 10 AS 5/09 (im Folgenden: Ausgangsverfahren), bezüglich dessen Kostenerstattung im vorliegenden Verfahren gestritten wird, ging folgender Verfahrensgang voraus:
Mit Bescheid vom 20. Mai 2008 stellte der Erinnerungsgegner und Beklagte des Ausgangsverfahrens gegenüber den Erinnerungsführern des Ausgangsverfahrens Leistungen nach dem SGB II vorläufig ein. Dem hiergegen durch den Bevollmächtigten der Erinnerungsführer eingelegten Widerspruch half der Erinnerungsgegner sodann unter dem 13. Juni 2008 vollständig ab, unterließ es jedoch, eine Kostengrundentscheidung hinsichtlich dieses Widerspruchsverfahrens (im Folgenden: Leistungswiderspruchsverfahren) zu treffen. Dies holte er jedoch auf Hinweis des Bevollmächtigten der Erinnerungsführer mit Bescheid vom 12. August 2008 nach, lehnte aber die Erstattung der Gebühren für die Inanspruchnahme des Bevollmächtigten ab; dem Bescheid war folgende “Rechtsbehelfsbelehrung„ beigefügt:
“Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist gegen den C-Kreis, vertreten durch den Kreisausschuss, (…) schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.„
Hiergegen erhoben die Kläger sodann unter dem 13. August 2008 (weiteren) Widerspruch (Im Folgenden: Kostenwiderspruch), den der Erinnerungsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2008 zurückwies, woraufhin die Erinnerungsführer Klage auf Erstattung der Kosten des Leistungswiderspruchsverfahrens erhoben. Diese Klage bildete sodann die Grundlage des Ausgangsverfahrens, das mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 8. März 2010 zu Gunsten der Erinnerungsführer endete. Der Gerichtsbescheid enthält folgenden Tenor:
“1. Der Bescheid vom 12.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2008 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren betreffend den Widerspruch gegen das Schreiben des Beklagten vom 20.05.2008 zu erstatten.
2. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.„
2. Letztlich mit Schriftsatz vom 5. Mai 2011 beantragte der Bevollmächtigte der Erinnerungsführer, die Kosten für das Ausgangsverfahren wie folgt festzusetzen:
|
Widerspruchsverfahren vom 27. Mai 2008 |
|
Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV RVG |
240,00 EUR |
Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG |
72,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
332,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
63,08 EUR |
|
395,08EUR |
|
Widerspruchsverfahren vom 13. August 2008 |
|
Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV RVG |
240,00 EUR |
Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG |
72,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
332,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
63,08 EUR |
|
395,08EUR |
|
Gerichtsverfahren (Ausgangsverfahren) |
|
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG |
170,00 EUR |
Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG |
51,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG |
119,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
360,00 EUR |
19 % Umsatz... |