Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Gebührenerhöhung bei mehreren Auftraggebern
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Vertretung mehrerer Kläger bezieht sich die Deckelung der durch Nr 1008 VV RVG (juris: RVG-VV) angeordneten Gebührenerhöhung auf den Betrag ihrer "Erhöhung" selbst, nicht aber auf den Gesamtbetrag der (festzusetzenden) Gebühr bzw den Höchstbetrag des Gebührensrahmens.
2. Handelt es sich um Betragsrahmengebühren, so sind nur "die Erhöhungen" gemäß Nr 1008 VV RVG auf das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags, die Gesamthöchstgebühr somit auf das Dreifache der "normalen" Höchstgebühr beschränkt (entgegen LSG Essen vom 28.5.2008 - L 20 B 7/08 AS = RVGreport 2008, 303).
Tenor
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG Fulda vom 18. August 2010 für das Verfahren S 7 AY 13/07 abgeändert und die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf insgesamt 2.185,38 EUR festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen der vor dem SG Fulda geführten Verfahrens S 7 AY 13/07 und S 7 AY 7/09 aus der Staatskasse zu gewährenden Verfahrensgebühr.
Der Erinnerungsführer vertrat in den vorbezeichneten Verfahren jeweils sieben Kläger. Nachdem in beiden Verfahren am 18. März 2010 ein Erörterungstermin vor dem SG Fulda bei Teilnahme des Erinnerungsführers stattgefunden hatte, wurden diese Verfahren mit Beschluss des Kammervorsitzenden vom selben Tag verbunden unter Führung des Verfahrens S 7 AY 13/07. Am selben Tag war (zuvor) den Klägern im Verfahren S 7 AY 7/09 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Erinnerungsführers durch den Kammervorsitzenden gewährt worden.
Das (verbundene) Verfahren fand sodann seine Erledigung durch schriftlichen Vergleich, der durch Beschluss des SG Fulda vom 29. Juli 2010 festgestellt wurde. Mit Beschluss vom selben Tag wurde den Klägern mit Wirkung ab dem 11. September 2007 auch im Verfahren S 7 AY 13/07 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Erinnerungsführers gewährt.
In der Folge beantragte der Bevollmächtigte, seine Vergütung wie folgt festzusetzen:
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(zweifache) Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG (á 504 EUR) |
1.008,00 EUR |
(zweifache) Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG (á 200 EUR) |
400,00 EUR |
Erledigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG |
250,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
40,00 EUR |
Dokumentenpauschale, Nr. 7000 VV RVG |
42,25 EUR |
Reisekosten, Nr. 7003 VV RVG |
61,20 EUR |
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV RVG |
35,00 EUR |
Zwischensumme |
1.836,45 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
348,93 EUR |
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2.185,38 EUR |
Demgegenüber setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 18. August 2010 die Vergütung wie folgt fest:
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(zweifache) Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG (á 504 EUR) |
760,00 EUR |
(zweifache) Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG (á 200 EUR) |
400,00 EUR |
Erledigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG |
250,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
40,00 EUR |
Dokumentenpauschale, Nr. 7000 VV RVG |
42,25 EUR |
Reisekosten, Nr. 7003 VV RVG |
61,20 EUR |
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV RVG |
35,00 EUR |
Zwischensumme |
1.588,45 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
301,81 EUR |
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1.890,26 EUR |
Zu Begründung der - gegenüber dem Antrag allein abweichenden - niedrigeren Festsetzung der Verfahrensgebühr führte der Urkundsbeamte aus, dass deren Höhe in Hinblick auf Nr. 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG auf das Doppelte des Höchstbetrages zu beschränken sei. Es sei dabei eine leicht überdurchschnittliche Gebühr angemessen, so dass 380 EUR je Verfahren anzusetzen seien.
Hiergegen hat der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 23. August 2010, am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen, Erinnerung eingelegt und verweist darauf, dass entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten nicht die Gesamtgebühr auf das Doppelte der Höchstgebühr beschränkt sei, sondern die durch die Mehrvertretung ausgelöste Erhöhung. Daher sei die Gesamtgebühr auf das Dreifache der Höchstgebühr beschränkt. Dieser Betrag werde durch die beantragte Festsetzung nicht überschritten. Zwar sei zuzugeben, dass in dem Antrag aufgrund eines Versehens von einer fehlerhaften Mindestgebühr ausgegangen worden sei. Dadurch ergebe sich eine moderate Überschreitung der Mittelgebühr, was in dem angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss aber als solches ohnehin zugestanden worden sei.
Der Vertreter der Staatskasse hat in seiner Stellungnahme vom 16. Dezember 2011 den Mehrvertretungszuschlag im Grundsatz entsprechend dem Antrag des Erinnerungsführers bestätigt, allerdings eine Verfahrensgebühr in Höhe von 896 EUR ermittelt (wohl auf der Basis der fehlerhaften Auffassung, dass Nr. 1008 VV RVG einen Aufschlag auf die Verfahrensgebühr statt der Verschiebung des Gebührenrahmens zur Folge habe).
In seiner abschließenden Stellungnahme vom 21. Januar 20...