Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anfall einer fiktiven Terminsgebühr in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei Erledigung durch angenommenes Anerkenntnis
Orientierungssatz
Auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren entsteht eine fiktive Terminsgebühr, wenn es nach angenommenem Anerkenntnis endet.
Tenor
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. Dezember 2010 wird dahingehend abgeändert, dass die von der Erinnerungsgegnerin an die Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten auf 345,10 EUR festgesetzt werden.
2. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.
3. Die Erinnerungsgegnerin hat der Erinnerungsführerin die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Erinnerungsführerin zu erstatteten außergerichtlichen Kosten.
In dem zugrunde liegenden Eilrechtsschutzverfahren S 11 KR 5/09 ER machte die Erinnerungsführerin und damalige Antragstellerin Leistungen aus der Gesetzlichen Krankenversicherung geltend. Mit Schriftsatz der Antragsgegnerin und jetzigen Erinnerungsgegnerin vom 9. Februar 2009 erkannte diese den geltend gemachten Anspruch an; dieses Anerkenntnis nahm die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. Februar 2009 an.
Mit Schriftsatz vom 9. März 2009 erklärte die Erinnerungsgegnerin zudem Kostengrundanerkenntnis bezüglich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsführerin.
Unter dem 26. Mai 2009 beantragte die Erinnerungsführerin, die Kosten für das Verfahren S 11 KR 5/09 ER gegenüber der Erinnerungsgegnerin wie folgt festzusetzen:
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Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
250,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG |
200,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
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470,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
89,30 EUR |
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559,30 EUR, |
Hiergegen wandte sich die Erinnerungsgegnerin und verwies darauf, dass die Verfahrensgebühr für ein Eilverfahren als überhöht anzusehen sei; eine Terminsgebühr sei nicht angefallen.
Daraufhin setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. Dezember 2010 die Kosten wie folgt fest:
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Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
170,00 EUR |
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
190,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
36,10 EUR |
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226,10 EUR. |
Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit ihrer vom 4. Januar 2011 datierenden Erinnerung. Die Verfahrensgebühr sei in Höhe der Mittelgebühr angemessen. Auch die Terminsgebühr sei angefallen, da die Voraussetzungen der Anmerkung Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG vorlägen. Es sei hierfür nicht erforderlich, dass eine mündliche Verhandlung für das zugrunde liegende Verfahren vorgeschrieben sei.
In Ihrer Stellungnahme vom 1. April 2011 verteidigt die Erinnerungsgegnerin die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr. Zudem sei die Privilegierung einer fiktiven Terminsgebühr nur dort gerechtfertigt, wo eine mündliche Verhandlung erwartet werden könne. Dies sei im Eilverfahren nicht der Fall.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akten der Ausgangsverfahren Bezug genommen.
II.
Die zulässige Erinnerung ist teilweise begründet.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich.
1. Die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG ist nicht zu beanstanden Das streitgegenständliche Ausgangseilverfahren ist, gemessen an den Kriterien des § 14 RVG, als unterdurchschnittlich einzustufen. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr - welche zutreffend aus Nr. 3102 VV RVG bestimmt wurde - in Höhe von 170 ...