Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Auswahl der Hauptdiagnose zur DRG-Bestimmung
Leitsatz (amtlich)
Die Auswahl der Hauptdiagnose zur DRG-Bestimmung setzt nicht voraus, dass die mit dieser Diagnose beschriebene Krankheit bereits im Aufnahmezeitpunkt in irgendeiner Weise, etwa durch aufgetretene Beschwerden, symptomatisch war. Es kommt allein darauf an, dass Erkrankung als solche bei der Aufnahme in der Person des Versicherten vorlag (Fortführung SG Fulda vom 25.9.2018 - S 4 KR 172/16 - juris).
Orientierungssatz
Az beim LSG Darmstadt: L 8 KR 224/19.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.546,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin behandelte in dem von ihr betriebenen Medizinischen Zentrum A. die bei der Beklagten krankenversicherte und im Zeitpunkt der Aufnahme 88 Jahre alte D. D. (im Folgenden nur: Versicherte) in der Zeit vom 20. April bis 20. Mai 2015 im Rahmen eines stationären Aufenthalts. Mit Datum vom 28. August 2015 stellte sie der Beklagten für diese Behandlung auf der Basis der DRG G02B einen Gesamtbetrag von 15.753,41 EUR in Rechnung. Die Beklagte glich den Rechnungsbetrag zunächst aus, verrechnete aber am 6. Juni 2016 einen Teilbetrag in Höhe der hiesigen Klageforderung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin. Dies basierte auf der Einschätzung des von der Beklagten beauftragten MDK, dass für die Ermittlung der abzurechnenden DRG anstelle der von der Klägerin verschlüsselten Hauptdiagnose (HD) C18.7 ICD-10 bösartige Neubildung: Colon sigmoideum die HD S72.04 ICD-10 Schenkelhalsfraktur: mediozervikal hätte kodiert werden müssen.
Mit Schriftsatz vom 23. August 2016, der am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass die die Aufnahme der Versicherten nach Verlegung erfolgt sei zur weiteren Therapie in der Geriatrie des klägerischen Krankenhauses, nachdem die Klägerin wegen einer Schenkelhalsfraktur zuvor im Klinikum Eschwege operativ prothetisch versorgt worden sei. In der Geriatrie sei die Versicherte 14 Tage behandelt worden, während dessen sich eine gastrointestinale Blutung entwickelt habe. Daraufhin sei am 7. Mai 2015 eine laparoskopische Sigmaresektion erfolgt, wonach der histopathologische Befund ein Sigmakarzinom ergeben habe. Die am Ende des stationären Aufenthalts zu bestimmende HD führe zum Sigmakarzinom, das unbestreitbar im Aufnahmezeitpunkt vorgelegen und das Behandlungsgeschehen maßgeblich beeinflusst habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.546,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich zunächst auf die ursprüngliche vorprozessuale gutachterliche Stellungnahme des MDK. Zudem hat sie weitere Stellungnahmen des MDK zur Akte gereicht vom 5. und 17. Juli 2017. Darin führt der MDK aus, dass die Aufnahme das klägerische Krankenhaus eindeutig zur geriatrischen Weiterbehandlung wegen der Folgen der Schenkelhalsfraktur stattgefunden habe. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass das Sigmakarzinom zweifelsfrei auch schon im Zeitpunkt der Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin bestanden habe; der diesbezügliche Befund sei jedoch weder bei der Erstaufnahme noch im Verlegungszeitpunkt in irgendeiner Form klinisch manifest oder relevant gewesen. Ein Zusammenhang mit der traumatisch entstandenen Schenkelhalsfraktur bestehe insoweit nicht.
Auf der Basis dessen ist die Beklagte der Auffassung, dass der Hinweis in den DKR, dass die festgestellte Hauptdiagnose nicht der Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose entsprechen müsse, dahingehend zu verstehen sei, dass man bei einer entsprechenden Symptomatik eben unterschiedliche Diagnosen stellen könne. Diese könnten sich im Verlaufe und nach Analyse wandeln, aber (zumindest) eine Symptomatik bezüglich der möglichen Hauptdiagnose müsse bei Aufnahme entsprechend vorgelegen haben. Hierfür spreche auch das Beispiel 1 in den Kodierrichtlinien zur Hauptdiagnose.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 12. Februar 2019 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die weitere geltend gemachte weitere Vergütung.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S.3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Nach Rechtsprechung des BSG in früheren Jahren entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unab...