Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer fiktiven ausländischen Rentenleistung auf die Altersrente
Orientierungssatz
1. Die Anrechnung einer fiktiven, tatsächlich nicht bezogenen Rentenleistung auf einen laufenden Rentenanspruch stellt einen Eingriff in die Rechtsposition des Versicherten dar und steht unter dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß § 31 SGB 1.
2. Nach § 31 Abs. 1 FRG ist die Möglichkeit der Anrechnung einer ausländischen Rente auf den Fall beschränkt, dass diese tatsächlich geleistet wird. Eine analoge Anwendung auf den Fall einer tatsächlich nicht ausgezahlten Rentenleistung ist ausgeschlossen.
3. Macht der Versicherte lediglich von dem ihm in Art. 44 Abs. 2 S. 2 EWGV 1408/71 eingeräumten Recht zum Aufschub der Feststellung der Rentenansprüche Gebrauch, so liegt hierin kein Verzicht i. S. des § 46 SGB 1. Auch in einem solchen Fall bleibt die Anrechnung einer fiktiven Rente ausgeschlossen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 05.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2008 verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.04.2008 eine Altersrente für langjährig Versicherte ohne Abzug einer fiktiven rumänischen Rente zu gewähren. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung seiner Altersrente ohne Kürzung in Höhe einer von der Beklagten geschätzten rumänischen Altersrente.
Der am 00.00.0000 in Rumänien geborene Kläger siedelte im November 1975 in die Bundesrepublik Deutschland über. Für den Zeitraum vom 01.07.1962 bis zum 09.10.1975 wurden ihm von der Beklagten Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannt. Am 14.12.2007 beantragte er die Zahlung von Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres beginnend ab dem 01.04.2008.
Mit Schreiben vom 12.01.2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Rentenfeststellung beim rumänischen Sozialversicherungsträger bezüglich der in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten gemäß § 44 Abs. 2 der Verordnung (EWG) 1408/71 aufschiebe und bat um Feststellung, dass kein Fiktivabzug von seiner Rente erfolgt.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit "Aufklärung zur Anrechnung einer fiktiven ausländischen Rente nach § 31 FRG" tituliertem Schreiben vom 24.01.2008 mit, dass sie beabsichtigte, die ihm aus Rumänien zustehende Rente in ihrer voraussichtlichen Höhe von 37,87 EUR gemäß § 31 FRG anzurechnen, auch wenn er diese tatsächlich nicht beziehe. Soweit bis zum 15.02.2008 keine Mitteilung erfolge, dass das Rentenverfahren in Rumänien durchgeführt werden solle, werde die deutsche Rente ab dem 01.04.2008 entsprechend gemindert.
Der Kläger teilte hierauf mit Schreiben vom 04.02.2008 im Wesentlichen mit, dass die Beklagte kein Recht habe, einen so genannten "Fiktivabzug" vorzunehmen und das der genannte Betrag willkürlich festgelegt worden sei.
Mit Bescheid vom 05.03.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von 1.408,07 EUR brutto monatlich. In der Anlage 7 "Zusammentreffen mehrerer Ansprüche" stellte sie fest, dass die Rente von 1.445,94 EUR um 37,87 EUR auf 1.408,07 EUR zu mindern sei, da die Rente in Höhe des Bruttobetrages der Leistung aus der ausländischen Sozialversicherung ruhe. Gemäß Anlage 10 des Bescheides ermittelte sie diesen Betrag auf Basis eines rumänischen Rentenpunkts für die Altersrente eines durchgehend beschäftigten Durchschnittsverdieners, welchen sie mit der Anzahl der in der deutschen Rente berücksichtigten FRG-Zeiten, die voraussichtlich auch der ausländischen Rente zugrunde liegen würden, multiplizierte.
Der Kläger legte am 31.03.2008 Widerspruch gegen den Abzug einer fiktiven rumänischen Rente ein. Bei Inanspruchnahme des Dispositionsrechts aus Art. 44 Verordnung (EWG) 1408/71 sei ein Fiktivabzug nicht zulässig. Zudem sei der ermittelte Betrag willkürlich festgelegt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die dem Kläger voraussichtlich zustehende Rente ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammenhang mit § 2 FRG. Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 5 Zustimmungsgesetz (ZustG) vom 18.06.1991 zu dem Abkommen vom 08.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit (DPSVA 1990) ergebe sich ein Zusammenhang zwischen §§ 2 und 31 FRG dergestalt, dass das FRG bei Abkommensstaaten weiterhin anzuwenden sei, sofern diese durch eine entsprechende "FRG-Weitergeltungsbestimmung" im über- und zwischenstaatlichem Recht ausdrücklich geregelt worden sei. Diese Ausnahmeregelung, welche eine weitere Anrechnung der ausländischen Zeiten nach dem FRG ermögliche, habe der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes in das FRG eingeführt. Dieser Vertrauensschutz sei in der Erwartung eingeräumt worden, dass der durch das entsprechende Abkommensrecht ermöglichte Bezug einer ausländischen Rente nach §...