Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Entschädigungszeitraum wegen einer Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4111. Stichtagsregelung. Rechtsänderung. Inkrafttreten. rückwirkende Leistung. vier Jahre. Zeitpunkt. neuer Antrag. BT-Drucksache 776/08
Orientierungssatz
Zum Beginn einer Verletztenrente wegen einer 1998 angezeigten Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4111, wenn die Erkrankung bereits vor dem 1.1.1993 eingetreten ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten bezüglich des Beginns der Gewährung der Entschädigung wegen einer chronisch obstruktiven Bronchitis bzw. des Emphysems für Bergleute unter Tage im Steinkohlebergbau (Berufskrankheit nach Ziff. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV)).
Der am 00.00.00 geborene Kläger war nach den Angaben in der Verwaltungsakte von November 1957 bis November 1961 als Hilfsarbeiter im Bergbau in der Türkei und von Oktober 1965 bis März 1993 zuletzt als Hauer im deutschen Bergbau tätig.
Mit einer "Ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit", die am 19.06.98 bei der Beklagten einging, zeigte der Arzt des Betriebsärztlichen Dienstes der Ruhrkohle Bergbau AG Dr. N. den Verdacht auf eine Berufskrankheit 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung beim Kläger an. Nachdem die Beklagte beim Kläger eine berufliche Belastung in Höhe von 105,5 Feinstaubjahren errechnet hatte, holte sie ein Gutachten von Dr. T1 in H. ein. Dieser nahm beim Kläger eine Berufskrankheit Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung an und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 20 % seit dem 17.06.98. Den Eintritt des Versicherungsfalles sah er im Jahre 1990.
Mit Bescheid vom 28.10.99 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf § 6 Abs.1 BKV die Entschädigung aus Anlass einer Berufskrankheit Nr. 4111 ab, da der Versicherungsfall vor dem 31.12.92 eingetreten sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19.04.01 zurückgewiesen. Im Rahmen der hiergegen gerichteten Klage des Klägers vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen (S 18 KN 110/01 U) hat das Gericht ein Gutachten des Pneumologen Dr. A. in J. eingeholt. In seinem Gutachten vom 24.09.01 stellte er eine chronisch obstruktive Bronchitis beim Kläger fest, die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die Tätigkeit als Bergmann im Steinkohlebergbau zurückzuführen sei. Nachdem er zunächst ausgeführt hatte, dass diese Erkrankung erst seit dem 17.06.98 vorgelegen hätte, legte die Beklagte einen Lungenfunktionsbefund vom 15.05.92 vor, die sie - gestützt auf eine Stellungnahme von Dr. S. - zu der Auffassung brachte, dass die Atemwegserkrankung im Sinne eines Versicherungsfalls bereits ab 15.05.92 vorgelegen habe. In einer daraufhin vom Gericht eingeholten Stellungnahme schloss sich Dr. A. der Auffassung von Prof. Dr. S. an. Auf Antrag des Klägers hat das Gericht sodann ein Gutachten nach § 109 SGG von Prof. Dr. T2 in N. eingeholt. In seinem Gutachten vom 15.03.02 vertrat er die Auffassung, dass die Berufskrankheit seit dem 15.05.92 als nachgewiesen angesehen werden müsse. Durch Beschluss vom 22.05.02 ist daraufhin durch das Gericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Nachdem die Beklagte im Anschluss an die ab 01.07.2009 in Kraft getretene Änderung der Berufskrankheitenverordnung dem Kläger durch Bescheid vom 28.08.09 dem Kläger aus Anlass der Berufskrankheit 4111 ab 01.01.05 eine Teilrente von 30 v.H. der Vollrente gewährt hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.09.09 das Verfahren wieder aufgenommen. Der Kläger war mit dem Rentenbeginn nicht einverstanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.09 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 28.08.09 zurückgewiesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass § 6 Abs. 6 der Berufskrankheitenvorordnung in der Fassung vom 11.06.09 dahingehend auszulegen sei, dass ein Rückwirkungszeitraum von 4 Jahren bis zum 01.01.05 nur dann greifen könne, wenn die Berufskrankheitenanzeige neu und erstmalig im Jahr 2009 erfolgte. Im vorliegenden Fall sei die Ärztliche Anzeige am 17.06.98 erfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.10.99 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.04.01 und den Bescheid vom 28.08.09 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.09 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei dem Kläger aus Anlass der bei ihm anerkannten Berufskrankheit Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung seit dem 17.06.98 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. und seit dem 13.09.99 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. bis zum 31.12.04 anzunehmen und ihm die entsprechenden Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich aus den Motiven des Gesetzgebers ergebe, dass eine Rückwirkung längstens 4 Jahre ab dem neuen Antragszeitpunkt ...