Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungen für Unterkunft und Heizung. Beurteilung der Angemessenheit von Heizungskosten bei Überschreitung der Werte im bundesweiten Heizkostenspiegel
Orientierungssatz
1. Auch dann, wenn der Mietvertrag festlegt, dass eine Heizungsanlage im Winterhalbjahr so im Betrieb zu halten ist, dass eine Raumtemperatur von mindestens 21 Grad Celsius erzielt werden kann, rechtfertigt dies nicht die Angemessenheit von Heizungskosten, die über den im bundesweiten Heizkostenspiegel ausgewiesenen erhöhten Heizkosten liegen. Die diese Grenze übersteigenden Kosten sind deshalb nicht als angemessene Ausgaben im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Grundsicherungsträger zu übernehmen.
2. Einzelfall zur Beurteilung der Angemessenheit von Heizungskosten auf der Basis des bundesweiten Heizkostenspiegels (hier festgelegt mit 209 kWh pro Quadratmeter Wohnraum im Jahr).
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen für Heizkosten umstritten.
Die 1970 geborene Klägerin bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnt eine Wohnung in der M.straße in I. mit einer Wohnflächengröße von 48 m². Die Wohnung befindet sich in einem Haus mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 300 m², wobei das Haus um das Jahr 1900 errichtet wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgt nicht über die Heizungsanlage, der Heizkessel des Etagenheizofens befindet sich im Wohnzimmer der Wohnung der Klägerin.
Mit Schreiben vom 29.01.2009 wurde die Klägerin von dem Beklagten über ihren unangemessenen Wärmeverbrauch unterrichtet. Dabei erachtete der Beklagte einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh/m² für angemessen. Mit Schreiben vom 17.02.2009 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihr infolge baulicher Unzulänglichkeiten der Wohnung wie ungedämmte Außenwände, undichte Fenster und die Heizungsanlage aus dem Jahr 1985 eine Kostensenkung trotz aller Bemühungen nicht möglich sei.
Im Februar 2010 legte die Klägerin bei dem Beklagten eine Rechnung ihres Energieversorgungsunternehmens vor. In der Zeit vom 07.01.2009 bis zum 05.01.2010 hat die Klägerin 18.585 kWh Gas für die Heizung ihrer Wohnung verbraucht. Der neue monatliche Abschlag ab April 2010 wurde mit monatlich 127,00 Euro bestimmt. Im März 2010 nahm der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten eine Hausbesichtigung vor. Bei der von der Klägerin bewohnten Wohnung handelt es sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss. Die Außenwände sind nicht gedämmt, die Fenster sind nur teilweise isolierverglast. Mit Bescheid vom 21.04.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.11.2010, darunter Leistungen für Heizkosten in Höhe von 48,54 Euro. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2010 zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage vom 14.05.2010 verweist die Klägerin auf die schlechte Isolierung der Wohnung sowie auf den Zustand der Heizungsanlage.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 zu verurteilen, ihr weitere Leistungen nach dem SGB II in der Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 127,00 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen für Heizkosten zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von dem Sachverständigen für Heizungstechnik Herrn T ... Dieser stellte in seinem Gutachten fest, dass die Heizkosten der Klägerin über dem Durchschnitt liegen. Dies folge zunächst aus dem baulichen Zustand der Wohnung sowie dem veralteten Heizkessel. In erster Linie sei der erhöhte Verbrauch dem Heizverhalten der Klägerin zuzurechnen. So lag die Raumtemperatur bei dem Ortstermin mit 22°C um 2°C höher als die übliche Normaltemperatur. Der zu erwartende Wärmeverbrauch bei der Wohnung der Klägerin sei unter Beachtung des Bundesweiten Heizkostenspiegels mit 10.032 kWh im Jahr zu bemessen, unter Beachtung der VDI-Richtlinie 2067 hingegen ergebe sich eine übliche Jahreswärmemenge von 12.921 kWh.
Die Klägerin trat dem Ergebnis der Begutachtung entgegen. So sei sie mietvertraglich verpflichtet, in der Zeit von 7.00 bis 23.00 Uhr eine Temperatur von 21°C in der Wohnung vorzuhalten, so dass die gutachterliche Darstellung bezüglich der Normalt...