Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Übernahme von Fahrkosten des Versicherten durch die Krankenkasse zur ambulanten Kontrolluntersuchung nach einer Nierentransplantation
Orientierungssatz
1. Nach § 60 Abs. 1 S. 3 SGB 5 übernimmt die Krankenkasse Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 S. 1 SGB 5 ergebenden Betrags nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB 5 mit Verbindlichkeit auch für die Versicherten festgelegt hat.
2. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Krankentransport-Richtlinien sind verfassungsgemäß und verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Nach den Richtlinien setzt eine Fahrkostenerstattung des Versicherten durch die Krankenkasse eine bestehende Einschränkung der Geh- bzw. Wegefähigkeit voraus. Liegt eine solche Mobilitätseinschränkung nicht vor, so besteht ein Anspruch auf Übernahme von Fahrkosten nur bei hoher Behandlungsfrequenz. Diese ist bei lediglich vier Kontrolluntersuchungen pro Jahr zu verneinen. Eine Kontrolluntersuchung stellt keine Krankenbehandlung dar. Eine soziale Notlage allein rechtfertigt nicht die Übernahme der Fahrkosten durch die Krankenkasse.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Fahrkosten zur ambulanten Kontrolluntersuchung nach einer Nierentransplantation am 14.04.2005 in die Universitätsklinik ... zu erstatten. Bei der 1946 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich versicherten Klägerin wurde am 1994 eine Nierentransplantation durchgeführt. Die Operation erfolgte in der Universitätsklinik ... Um die Gefahr einer Abstoßung der transplantierten Niere zu minimieren wurde eine Immunsuppressions-Therapie nach der erfolgreich verlaufenen Operation notwendig. Zur Therapiesteuerung und zur Früherkennung von Veränderung im transplantierten Organ nahm und nimmt die Klägerin vierteljährlich an Kontrolluntersuchungen in der Transplantationsambulanz der Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie der Universität teil. Mit Schreiben vom 22.03.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Genehmigung von Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung am 14.04.2005. Sie reichte hierzu eine ärztliche Verordnung von Dr ..., Facharzt für Innere Medizin/ Nephrologie an der ... Universität ..., Medizinische Fakultät, Poliklinik für Urologie ein. Dieser bescheinigte, dass ein vergleichbarer Ausnahmefall zur hochfrequenten Behandlung aufgrund der Nierentransplantation und der immunsuppressiven Therapie vorliegen würde. Die Vorstellung in der Universitätsklinik ... sei quartalsweise unbefristet erforderlich und die erhöhte Infektionsgefahr bei der Klägerin bedinge die Beförderung mit einem Taxi. Mit Bescheid vom 29.03.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Genehmigung der Fahrtkostenübernahme wurde unter Hinweis auf die seit dem 01.01.2004 durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz geänderte Rechtslage verweigert. Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung seien nur noch ausnahmsweise eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausnahmen würden lediglich anerkannt bei Fahrten zur Dialyse oder zur Chemo- bzw. Strahlentherapie oder wenn ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" nachgewiesen werden könne. Diese sei jedoch vorliegend nicht gegeben. Am 14.04.2005 erfolgte die Kontrolluntersuchung der Klägerin im Universitätsklinikum, Poliklinik für Urologie. Die Klägerin nutzte für die Hin- und Rückfahrt von ... nach ... ein Taxiunternehmen. Die Kosten für die Fahrt beliefen sich auf 129,50 EUR und wurden der Klägerin von der in Rechnung gestellt. Die Rechnung vom 03.05.2005 erhält dabei die Angabe, dass die Fahrt am 14.05.2005 stattgefunden hat. Mit Schreiben vom 18.05.2005 - bei der Beklagten am 23.05.2005 eingegangen - beantragte die Klägerin sinngemäß die Überprüfung der Ablehnung ihres Antrages auf Fahrtkostenübernahme. Weiterhin ging am 17.05.2005 der Beklagten ein Schreiben der behandelnden Ärzte des Transplantationszentrums des Universitätsklinikums / Poliklinik für Urologie zu. Prof. Dr, Dr ... und Dr ... führten darin aus, dass eine regelmäßige Kontrolluntersuchung zur Steuerung der Immunsuppressions-Therapie und zur Früherkennung von Veränderungen im Transplantat erforderlich sei. Diese Untersuchungen seien nur durch erfahrene Transplantationsmediziner sinnvoll möglich (Langzeit-Management), sie würden über eine gewöhnliche Blutabnahme, die in einer Arztpraxis möglich wäre, deutlich hinausgehen. Weiterhin wird die Beklagte dazu aufgefordert, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung der Klägerin die Fahrtkosten zu bewilligen. Insbesondere seien die finanziellen Aspekte bei Patienten wie der Klägerin zu berücksichtigen, die eine geringe Rente oder Sozialleistungen beziehen und die die Fahrtkosten daher ni...