Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Bedürfen nach dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH all wesentlichen Beschlüsse der qualifizierten Mehrheit von 80 % und verfügt deren Gesellschafter-Geschäftsführer über einen Anteil von 26 %, so kann er maßgebenden Einfluss auf die interne Willensbildung der GmbH nehmen und Weisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern. Damit ist trotz einer vereinbarten festen monatlichen Vergütung, eines Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub von dem Bestehen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

 

Tenor

Der Bescheid vom 08.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2016 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer in dem Zeitraum vom 05.10.2011 bis 07.05.2015 nicht abhängig beschäftigt war und somit nicht der gesetzlichen Pflichtversicherung der Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt festzustellen, dass seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen in dem Zeitraum vom 05.10.2011 bis 07.05.2015 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt und nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Der Kläger beantragte am 14.08.2015 die Feststellung seines Status als gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen gemäß § 7a SGB IV. Die Beigeladene wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 31.05.1990 mit einem Stammkapital in Höhe von 100.000 DM gegründet. Nach Umstellung des Stammkapitals auf Euro beträgt das Stammkapital nunmehr 92.500 EUR. Mit Notarurkunde vom 31.08.2009 boten die damaligen Gesellschafter, ... und ..., dem Kläger bzw. dessen Unternehmen, der ..., dessen Geschäfts-führer der Kläger ist, den Verkauf und die Abtretung von Gesellschaftsanteilen im Nennwert von je 23.500 EUR, insgesamt 47.000 EUR an, welches der Kläger mit notarieller Urkunde vom 21.03.2011 annahm. Bereits am 31.08.2009 vereinbarten die damaligen Gesellschafter zur Sicherung der auch künftig einheitlichen Rechtsausübung aus den Beteiligungen und zum Erhalt des Einflusses der einzelnen Gesellschafter die Bildung einer Schutzgemeinschaft/eines Stimmrechtspools, nach der sie sich verpflichtete, dass sich aus den Gesellschaftsanteilen ergebende Stimmrecht nur einheitlich auszuüben. Die Stimmrechte in der Schutzgemeinschaft richtete sich nach denen des Gesellschaftsvertrages. Beschlüsse der Mitglieder der Schutzgemeinschaft hätten einstimmig zu erfolgen. Die Vereinbarung wurde bis zum 31.12.2020 geschlossen und ist erstmals mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende kündbar. Zwischenzeitlich war mit Notarvertrag vom 30.11.2009 die ... mit Sitz in ... als Gesellschafterin aufgenommen worden. Das Stammkapital verteilte sich wie folgt:

...:   

11.187 EUR

...:   

11.188 EUR

...     

47.000 EUR

...     

23.125 EUR

Stammkapital:

92.500 EUR

Im seit dem 30.11.2009 geltenden Gesellschaftsvertrag ist in § 6 fixiert, dass Gesellschafterbeschlüsse der einfachen Mehrheit bedürfen (6.1.), Jedoch folgende Beschlüsse einem 80%igen Mehrheitserfordernis unterliegen, u.a. Festlegung der Anzahl, Wahl, Entlastung und Abberufung der Geschäftsführer; Ausgabe, Änderung und Aufhebung von Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung etc.

Mit Notarvertrag vom 05.10.2011 verkaufte der Kläger Gesellschaftsanteile im Nennwert von 11.352 EUR an die Herren ... und ..., so dass sich die Gesellschaftsanteile wie folgt darstellt:

...:   

22.539 EUR

...:   

22.540 EUR

...     

24.296 EUR

...     

23.125 EUR

Stammkapital:

92.500 EUR

In einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 09.09.2009 wurden die Einzelheiten seiner Tätigkeit geregelt. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich nach Maßgabe der Satzung der Gesellschaft, wobei er stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. In § 2 ist die Vergütung festgelegt: Der Geschäftsführer erhält ein festes Jahresgehalt in Höhe von 110.000 EUR (brutto) zahlbar in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 9166,67 EUR (brutto) jeweils am Monatsende. Er hat Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen im Kalenderjahr (§ 8). Bei Krankheit werden ihm die Bezüge drei Monate fortgezahlt (§ 4).

Mit Bescheid vom 18.09.2015 stellte di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge