Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, die Kosten für die Durchführung für bis zu 4 probatorische Sitzungen sowie eine Kurzzeittherapie im Umfang von bis zu 24 Einzelsitzungen bei dem Dipl. Psych. B.C. gemäß Kostenvoranschlag vom 1. Dezember 2021 zu übernehmen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
Der Antrag der Antragstellerin vom 29. März 2022 hat im zugesprochenen Umfang Erfolg. Die Antragsgegnerin war vorläufig zu verpflichten, die Kosten für zunächst bis zu 4 probatorische Sitzungen sowie eine Kurzzeittherapie im Umfang bis zu 24 Einzelsitzungen bei dem Dipl. Psych. B... C... gemäß Kostenvoranschlag vom 1. Dezember 2021 zu übernehmen.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Hierzu bedarf es ein es Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die Entscheidung eilbedürftig ist und es nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der Anordnungsanspruch ist der materiell-rechtliche Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 27). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist ein Antrag auf einstweilige Anordnung auch dann abzulehnen, wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist. Ist die Klage hingegen offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang der Hauptsache, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist eine Abwägung unter Berücksichtigung der Folgen und Interessen erforderlich (Keller a. a. O. Rn. 29). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind unter Beachtung der objektiven Beweislastverteilung glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung [ZPO]), die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen daher überwiegend wahrscheinlich sein.
Der vorliegende zulässige Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG ist im zugesprochenen Umfang begründet, denn es bestehen für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht sowohl ein Anordnungsanspruch (nachfolgend unter 1.) als auch ein Anordnungsgrund (nachfolgend unter 2.).
1.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch, nämlich den Anspruch auf Kostenübernahme für bis zu 4 probatorische Sitzungen sowie eine Kurzzeittherapie im Umfang bis zu 24 Einzelsitzungen, glaubhaft gemacht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Der psychotherapeutische Bedarf der Antragstellerin ist unstreitig, ebenso ihr grundsätzlicher Sachleistungsanspruch auf ambulante Psychotherapie wegen einer rezidivierenden depressiven Störung. Dies ist durch entsprechende Bescheinigungen der Antragstellerin auch für das Gericht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft gemacht. Grundsätzlich haben die Versicherten gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V Anspruch auf freie Arztwahl. Diese können indes nur unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zu gelassenen Ärzten frei wählen. Da das Gesetz für Psychotherapeuten nichts Abweichendes bestimmt, gelten § 76 Abs. 1 SGB V und die daraus abzuleitenden Folgerungen entsprechend.
Vorliegend hat die Antragstellerin jedoch im zugesprochenen Umfang Anspruch auf eine außervertragliche psychotherapeutische Behandlung bei dem approbierten psychologischen Psychotherapeuten C. - dessen übrige Qualifikation hinreichend belegt und auch unbestritten ist -, da ein Systemversagen vorliegt. Ein Systemversagen ist dann anzunehmen, wenn Lücken im Versorgungssystem bestehen und der Versicherte die benötigte Leistung im Wege des Sachleistungsanspruches nicht innerhalb der benötigten Zeit durch zugelassene Leistungserbringer zu erlangen vermag.
Die Antragsgegnerin hat ihren Versorgungsauftrag zur Überzeugung des Gerichts bisher nicht erfüllen können. Vorl...