Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten bei gemeinsamem Auslandsaufenthalt nicht verheirateter Eltern. Rumpfarbeitsverhältnis des nicht erziehenden Elternteils mit dem inländischem Arbeitgeber. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei gemeinsamem Auslandsaufenthalt nicht verheirateter Eltern besteht ein Anspruch auf Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten; wenn der nicht erziehende Elternteil in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben integriert bleibt (Rumpfarbeitsverhältnis) und der erziehende Elternteil nicht in die ausländische Arbeitswelt integriert ist bzw sich nicht dauerhaft von der deutschen Rentenversicherung gelöst hat.
2. Zur verfassungskonformen Auslegung von § 56 Abs 3 SGB 6.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 7.12.2000 wird geändert. Der Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, im Versicherungsverlauf der Klägerin die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 als Berücksichtigungszeit vorzumerken.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten.
Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 5.5.2000 die Klärung ihres Versicherungskontos und die Feststellung von Kindererziehungszeiten / Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ihre am in A., Neuseeland geborene Tochter K. M. Sie fügte ihrem Antrag die Geburtsurkunde ihrer Tochter, einen Versicherungsverlauf des Ehemannes, aus dem sich u. a. für die Zeit vom 1.1.1990 bis 16.8.1993 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten, für die Zeit vom 1.9.1993 bis 31.12.1993 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten (Seekasse) und ab 1.1.1994 wieder Pflichtbeiträge ergaben, bei. Ferner legte sie einen Anstellungsvertrag zwischen Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft E. und A. und ihrem Ehemann über eine Tätigkeit ab 3.10.1990 als General Manager für die S. Sh. Services Ltd. in West-Samoa vor. Die Dauer des Einsatzes in West-Samoa wurde befristet bis zum 30.9.1993. U.a. hieß es im Vertrag, bei der Auslandstätigkeit des Mitarbeiters handle es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung, der Mitarbeiter sei in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Die Beiträge würden entsprechend den Gesamtbezügen von der Firma und dem Mitarbeiter jeweils zur Hälfte getragen. Für die Dauer des Anstellungsverhältnisses würden der Mitarbeiter und seine Lebensgefährtin (die Klägerin) im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages für Auslandsreise-Krankenversicherungen versichert. Nach Rückkehr aus West-Samoa hatte die Klägerin den Vater ihrer Tochter am 10.9.1993 geheiratet.
Mit Bescheid vom 7.12.2000 erkannte die Beklagte u.a. die Zeit vom 1.8.1993 bis 30.4.2000 als Berücksichtigungszeit für die am 20.12.1991 geborene Tochter K. an. Die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 könne nicht als Kindererziehungszeiten anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Auch die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 könne nicht als Berücksichtigungszeit anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei.
Mit ihrem am 4.1.2001 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, aus den eingereichten Unterlagen gehe hervor, dass der Vater ihrer Tochter, ihr späterer Ehemann, von einem deutschen Arbeitgeber vorübergehend im Ausland beschäftigt worden sei. In der Zeit dieses Auslandsaufenthaltes habe sie den Vater der gemeinsamen Tochter, ihren späteren Ehemann, begleitet. Während dieser Zeit im Ausland habe für ihren späteren Ehemann eine Pflichtversicherung bestanden, die nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes bei dem selben Arbeitgeber auch weiter als Pflichtversicherung fortgesetzt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 wies die Beklagten den Widerspruch zurück, da nach § 56 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch, 6.Buch (SGB VI) könnten Mütter und Väter bei Erziehung im Ausland und gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mit dem Kind im Ausland zwar Kindererziehungszeiten erwerben, wenn sie wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in diesem Staat während der Kindererziehung oder unmittelbar vor Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach den deutschen Rechtsvorschriften hätten. Hielten sich beide Ehegatten mit dem Kind gemeinsam im Ausland auf, könne die Voraussetzung der Pflichtbeitragszeiten auch durch den Ehegatten erfüllt sein. Diese Voraussetzungen müssten in dieser Zeit bereits vorgelegen haben. Die Ehe der Klägerin sei jedoch erst nach Ende der Kindererziehungszeit geschlossen worden. In der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 habe keine Ehe bestanden. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten daher von ihrem späteren Ehemann in der Zeit vom 1.1. bis 31.12.1992 nicht erfüllt werden.
Mit ihrer am 26.3.2001 erhobenen...