Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Küchenmonteur. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Zur Tätigkeit als Küchenmonteur als selbstständige Tätigkeit.
Tenor
1. Der Bescheid vom 06.08.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2021 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 22.207,40 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 22.207,40 Euro.
Der Kläger betreibt eine Einzelfirma, die die Planung, den Verkauf und den Aufbau von Küchen zum Gegenstand hat.
Der Beigeladene zu 1. meldete am 30.04.2012 ein Gewerbe zur Montage von Küchen und Möbel an.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1. schlossen am 05.01.2015 einen Werkvertrag ab mit folgendem Inhalt:
§ 1 Vertragsgegenstand
1. Gegenstand des Vertrages ist die Erbringung von werkvertraglichen Leistungen durch den Auftragnehmer.
2. Bestandteile dieses Vertrages sind:
Montagearbeiten; Liefertätigkeiten und Kundendienste; Anschlussarbeiten Herd und Kochfeld sowie Spüle und Armatur.
§ 2 Leistungsumfang
Der Auftragnehmer führt die in diesem Vertrag beschriebenen werkvertraglichen Leistungen (nachfolgend - Leistungen - genannt) aus. Die Leistungen sind wie folgt definiert:
Richten sich nach den jeweiligen Einzel Aufträgen! Siehe § 1
Der Auftraggeber ist berechtigt, sich jederzeit über die vertragsmäßige Ausführung der Leistung zu informieren.
[…]
§ 4 Pflichten des Auftragnehmers
[…]
2. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich bei der Leistungserbringung an den Rahmen der vom Auftraggeber festgelegten und genehmigten Kostenvorgaben zu halten. Bei Kostenabweichungen hat der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich zu unterrichten, die Kostenabweichungen zu begründen und bei Kostenüberschreitungen Einsparungsmöglichkeiten vorzuschlagen.
[…]
§ 5 Pflichten des Auftraggebers
Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer auf Anforderung die bei ihm vorhandenen, für die Erbringung der Leistungen benötigten Unterlagen und Daten zur Verfügung, soweit der Auftraggeber diese Daten selbst erhoben hat, sie in seinem Auftrag erhoben wurden oder ihm aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt geworden und bei ihm noch verfügbar sind.
§ 6 Vergütung
1. Der Auftragnehmer erhält für die Erbringung der unter § 2 beschriebenen Leistungen einen pauschalen Tagessatz in Höhe von 350 Euro Netto zzgl. der gesetzlichen MWSt für das Werk. Die Abrechnung erfolgt jeweils mit gesonderter Rechnung nach Fertigstellung des Werkes.
2. Aufträge an Dritte werden aus dieser Vergütung abgedeckt. Mit der gezahlten Vergütung sind alle Ansprüche abgegolten.
§ 7 Rechnungslegung und Zahlungsweise
Die Rechnungsstellung erfolgt nach Abnahme der Leistung durch den Auftraggeber. Die Zahlung durch den Auftraggeber erfolgt spätestens 14 Tage nach Rechnungseingang.
[…]
§ 12 Laufzeit / Kündigung
1. Der Vertrag wird beginnend mit dem 01.01.2015 geschlossen. Er endet und beginnt mit Abnahme und Erteilung des Werkes, ohne dass es einer neuen Werkvertragsverlängerung oder besonderen Kündigung bedarf.
[…]
Am 07.01.2020 schlossen die beiden einen identischen Werkvertrag ab.
Vom 10.02.2020 bis zum 11.02.2020 führte die Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch.
Nach Auswertung der Fragebögen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 27.02.2020 und vom 29.02.2020 hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 20.04.2020 dazu an, dass beabsichtigt sei, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 22.207,40 Euro für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2019 zu erheben. Der Beigeladene zu 1. sei abhängig beschäftigt gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei weisungsgebunden. In zeitlicher Hinsicht sei er an einen vom Kläger festgelegten Terminplan gebunden. In örtlicher Hinsicht weise ihm der Kläger die zu montierenden Küchen beim Endkunden zu. Ferner erhalte er Anweisungen, die die Art und Weise der Ausführungen der Tätigkeit beträfen. Diese hätten sich nach den Kundenvorgaben und der Abnahme der geleisteten Arbeit gerichtet. Die Ausführung der Arbeiten sei durch die Küchenabnahmeprotokolle kontrolliert worden. Der Beigeladene zu 1. habe keine Möglichkeit gehabt, die Modalitäten der Leistungserbringung mitzubestimmen. Er sei in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Rechnungssteller sei die Firma des Klägers gewesen. Der Beigeladene zu 1. habe teilweise die gleichen Tätigkeiten verrichtet, wie ein festangestellter Mitarbeiter. Zeitweise habe der Beigeladene zu 1. auch mit festabgestellten Mitarbeitern des Klägers zusammengearbeitet und habe den Kläger zur Auftragsbesprechung in dessen Betriebsräumen aufgesucht. Der Beigeladene zu 1. Trage auch kein Unternehmerrisiko. Er habe hauptsächlich seine Arbeitskraft eingesetzt und deshalb lediglich das Risiko des Arbeitsausfalles gehabt. Ein nennenswerter Einsatz von Kapital habe nicht stattgefunden. Der Beigeladene...