Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Ausländers auf Berufsausbildungsbeihilfe

 

Orientierungssatz

Der förderungsfähige Personenkreis für einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach § 56 SGB 3 wird in § 59 SGB 3 näher definiert. Mit der gesetzlichen Regelung soll sichergestellt sein, dass nur diejenigen Ausländer gefördert werden, deren Aufenthalt nicht nur kurzfristig bzw. absehbar vorübergehend ist. Liegen bei einem Ausländer keine genügenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt wird begründen können, so ist ein Anspruch auf Berufsausbildungshilfe zu versagen. Verfügt der Ausländer nicht über eine Duldung nach § 60a AufenthG, sondern ist sein Aufenthalt weiterhin gemäß § 55 Abs. 1 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet, so kommt der für seinem Herkunftsland maßgeblichen Gesamtschutzquote entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die für Guinea geltende Quote beträgt nur 15,1 %. Damit ist Berufsausbildungsbeihilfe zu versagen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erster Instanz wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gemäß § 56 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der im Jahr 1999 geborene Antragsteller besitzt die guineischer Staatsangehörigkeit. Im November 2015 reiste er allein und ohne Ausweispapiere nach Deutschland ein, wo auch keiner seiner Elternteile lebt; nach seinen Angaben ist seine Mutter verstorben und sein Vater in Guinea unbekannten Aufenthalts. Ein gestellter Asylantrag wurde abgelehnt; hiergegen ist ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Göttingen - 3 A 61/18 - anhängig. Der Antragsteller verfügt über eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Asylgesetz (AsylG). Seit Dezember 2017 bewohnt er eine vom Landkreis G. angemietete und an ihn untervermietete 1-Zimmer-Wohnung in N... mit einer Wohnfläche von knapp 26 qm, deren monatliche Bruttowarmmiete einschließlich Haushaltsstrom nach dem Mietvertrag 359,- Euro (Kaltmiete 199,- Euro, Nebenkostenpauschale 160,- Euro) beträgt; Mietzahlungen leistet der Antragsteller bis gegenwärtig allerdings nicht. Am 3. Juli 2018 schloss er einen Berufsausbildungsvertrag mit der H. in N... über eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice. Die Ausbildung begann am 1. August 2018 und soll bis zum 31. Juli 2021 andauern, als Vergütung wurden im ersten Ausbildungsjahr 675,- Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 785,- Euro und im dritten Ausbildungsjahr 875,- Euro bei einer regelmäßigen wöchentlichen Ausbildungszeit von 40 Stunden vereinbart. Die Strecke zwischen der von ihm bewohnten Wohnung und der Ausbildungsstelle in N... bzw. der Berufsschule in S… legt er zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück; hierfür entstehen nach seinen Angaben Kosten in Höhe von monatlich 31,50 Euro bzw. 29,90 Euro.

Am 10. Juli 2018 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Bewilligung von BAB, die diese ablehnte (Bescheid vom 20. August 2018). Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, den er damit begründete, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Bewilligung von BAB auf Flüchtlinge aus Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Syrien beschränkt werde. Flüchtlinge aus anderen Staaten werde so die Ausbildung unmöglich gemacht. Es sei zu erwarten, dass er eine Bleibeperspektive von mindestens fünf Jahren habe. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. September 2018). Zur Begründung führte sie aus, dass der Antragsteller nicht zum Personenkreis der Ausländer mit guter Bleibeperspektive und damit nicht zum förderungsfähigen Personenkreis gehöre. Der Landkreis G. bewilligte dem Antragsteller rückwirkend ab August 2018 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von zuletzt monatlich 51,59 Euro (Änderungsbescheid vom 8. Oktober 2018). Gegen die Ablehnung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller am 25. Oktober 2018 Klage erhoben - S 3 AL 73/18 - und zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Er hat zunächst auf die - jeweils afghanische Antragsteller betreffenden - Beschlüsse des Sozialgerichts (SG) Lübeck vom 9. Oktober 2018 - S 36 AL 172/18 ER - und des SG Neubrandenburg vom 13. Juni 2018 - S 1 AL 47/18 ER - verwiesen. Die Kammer hat den Antragsteller mit seiner Verfügung vom 26. Oktober 2018 darauf hingewiesen, dass die Gesamtschutzquote für Guinea unter 20 Prozent liege und ihn u. a. aufgefordert, sich mit den Gründen des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2018 - L 20 AL 74/18 B ER - auseinanderzusetzen. Der Antragsteller hat daraufhin auf die Beschlüsse des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 24. Januar 2018 - L 14 AL 5/18 B ER -...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge