Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. fehlende Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Asylbewerberleistung. pauschale Geltendmachung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Leistungshöhe

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Anordnungsanspruch für die Gewährung höherer als in § 3 AsylbLG derzeit festgelegten Leistungen, wenn ausschließlich vorgetragen wird, gegen die Leistungshöhe bestünden verfassungsrechtliche Bedenken.

 

Tenor

Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind nicht erstattungsfähig.

 

Gründe

I.

Gestritten wird im Wege vorläufigen Rechtsschutzes um höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Für dieses Verfahren begehren die Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige und Asylbewerber, die in den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin verteilt worden sind. Die Antragstellerin zu 1 ist die Mutter des Antragstellers zu 2. Beide erhalten von der Antragsgegnerin laufende Leistungen nach § 3 AsylbLG in der gesetzlichen Höhe von insgesamt monatlich 664,76 €. Der letzte Leistungsbescheid wurde am 31.01.2011 für den Monat März 2011 erteilt. Seitdem wurden gleich hohe Leistungen monatlich ausgezahlt.

Mit Schriftsatz vom 27.08.2011 legte die Antragsteller Widerspruch gegen die Höhe der Leistungsgewährung für April bis September 2011 ein, weil sie die Leistungen als verfassungswidrig zu niedrig ansehen. Über den Widerspruch wurde von der Antragsgegnerin - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden.

Unter dem 05.09.2011 haben die Antragsteller um den Erlass einer einstweiligen Anordnung nachgesucht und zur Begründung ausgeführt, dass die Leistungshöhe nach dem AsylbLG seit 17 Jahren unverändert sei. Angesichts von 24,6 % Preissteigerung bei Nahrungsmitteln und nichtalkoholischen Getränken in diesem Zeitraum liege es auf der Hand, dass die aktuelle Leistungshöhe im Vergleich zu den aktuell vom Gesetzgeber angepassten Leistungen, die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II oder XII bezögen und die zwischen 40,3 % und 88,8 % höher lägen, verfassungswidrig zu niedrig sei. Hiervon gehe auch das LSG Nordrhein-Westfalen aus, das im Verfahren L 20 AY 13/09 die Höhe der Leistungen nach dem AsylbLG dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt habe.

Weil zur Führung eines menschenwürdigen Lebens demzufolge mindestens Leistungen in Höhe der Sätze nach dem SGB II zu bewilligen seien, sei der Bescheid vom 17.08.2011 rechtswidrig. Im Ergebnis sehe das auch das SG Mannheim so, dass einen Leistungsträger im Eilverfahren verpflichtet habe, bis auf Weiteres zusätzliche Leistungen in Höhe von monatlich 65,51 € zu bewilligen.

Da ihnen nicht zugemutet werden könne, bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zuzuwarten, würden die Antragsteller von der Antragsgegnerin einfordern, ihnen gem. § 6 AsylbLG vorläufig Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe zu erbringen.

Die Antragsteller beantragen,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen vorläufig, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Vorlagebeschluss des LSG NRW vom 26.07.2011, Az L 20 AY 13/09, Leistungen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Höhe, mindestens jedoch in Höhe der Sätze des SGB II bzw. SGB XII zu gewähren

und ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. aus H. zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sie trägt vor, die Leistungsgewährung entspreche dem geltenden Recht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug.

II.

Der zulässige und statthafte Eilantrag bleibt in der Sache erfolglos.

Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 42/76 -, BVerfGE 46 [166, 179, 184]). Steht einem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier: des Widerspruchsverfahrens) abzuwarten, ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorweg...

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