Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Taxibenutzung für Fahrt zur Teilnahme an mündlicher Verhandlung. Anordnung des persönlichen Erscheinens. Erstattung der Fahrtkosten. Entschädigung eines Beteiligten. Fahrtkostenersatz

 

Leitsatz (amtlich)

Besteht objektiv keine Notwendigkeit, für die An- und Abreise zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung ein Taxi zu benutzen, sind lediglich die Kosten für die - fiktive - Benutzung eines Privat-PKW erstattungsfähig (Anschluss an LSG München vom 6.10.2006 - L 14 R 476/05.Ko).

 

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers aus Anlass der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Karlsruhe am 06. Juli 2011 wird auf EUR 23,00 festgesetzt.

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

In dem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängig gewesenen Rechtsstreit S 12 LW 5301/09 war zwischen den dortigen Beteiligten die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung über den 30.11.2008 hinaus umstritten.

Der 1959 geborene, als selbstständiger Landwirt tätig gewesene Kläger leidet u.a. an einer gemischten Angst und Depression sowie einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei Zustand nach Non-Hodgkin-Lymphom. Die Beklagte des Hauptsacheverfahrens hatte ihm ab dem 01.09.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte gewährt (Bescheid vom 25.08.2005). Wegen einer von ihr angenommenen Besserung im Gesundheitszustand des Klägers hatte sie diesen Bescheid mit Wirkung ab dem 01.12.2008 aufgehoben (Bescheid vom 21.11.2008, Widerspruchsbescheid vom 19.11.2009). Auf die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe (S 12 LW 5301/09) erhobene Klage bestimmte die Kammervorsitzende nach Abschluss der Beweiserhebung (u.a. Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. N.) am 16.05.2011 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 06.07.2011, 11:00 Uhr. Zugleich ordnete sie das persönliche Erscheinen des Klägers an und wies ihn unter Beifügung eines entsprechenden Merkblatts auf die Folgen unentschuldigten Ausbleibens hin.

Zu der mündlichen Verhandlung am 06.07.2011, die um 11:00 Uhr begann und um 11:45 Uhr endete, ist der Kläger in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten persönlich erschienen.

Am 09.08.2011 hat der Kläger beantragt, ihm die aus Anlass der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 06.07.2011 entstandenen Kosten für die Fahrt mit einem Taxi von seinem Wohnort nach Karlsruhe und zurück einschließlich - Wartezeit des Taxifahrers während der Dauer der mündlichen Verhandlung - in Höhe von insgesamt EUR 150,00 zu erstatten. Die Kostenbeamtin hat die Erstattung der Taxi-Kosten abgelehnt und die Entschädigung des Antragstellers auf EUR 23,00 entsprechend der - fiktiven - Benutzung eines Privat-PKW für 92 km zu je EUR 0,25 festgesetzt; der Kläger habe vorab weder besondere Umstände mitgeteilt, die sein persönliches Erscheinen in der mündlichen Verhandlung erheblich verteuerten, noch einen Antrag auf Genehmigung einer Beförderung mit einem Taxi gestellt (Beschluss vom 14.10.2011).

Mit seiner dagegen am 26.10.2011 eingelegten Erinnerung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, er habe mit seiner Ladung zum Gerichtstermin kein Merkblatt erhalten. Außerdem sei es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen, selbst nach Karlsruhe zu fahren.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 27.10.2011) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Klägers wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozessakte zum Verfahren S 12 LW 5301/09, den der Kostenakte sowie den der Entschädigungsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung des Klägers seiner ihm aus Anlass der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 06.07.2011 entstandenen Kosten und Aufwendungen ist zulässig (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ≪JVEG≫). Er führt zur Festsetzung einer Entschädigung in Höhe von EUR 23,00, wie von der Kostenbeamtin bereits verfügt. Dagegen steht ihm eine Entschädigung wegen der Aufwendungen für die Benutzung eines Taxis in Höhe weiterer EUR 127,00 gegen die Staatskasse nicht zu.

1. Der Anspruch des Klägers auf Vergütung seiner Auslagen wegen seiner Teilnahme an der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Karlsruhe am 06.07.2011 folgt aus § 191, erster Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. den Bestimmungen des JVEG. Nach § 191, erster Halbsatz SGG werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Unter die Vergütung “barer Auslagen„ im Sinne von § 191, erster Halbsatz SGG fällt unter anderem der Fahrtkostenersatz (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG).

2. Nach § 5 Abs. 1 JVEG werden b...

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