Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2113. Carpaltunnelsyndrom. Einwirkungskausalität. Wahrscheinlichkeit. enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem letzten Arbeitstag und Erkrankungsbeginn. Zeitraum von mehr als 3 Jahren
Leitsatz (amtlich)
Ein enger zeitlicher Zusammenhang im Sinne der BK Nr 2113 (Carpaltunnel-Syndrom) liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn zwischen dem letzten Arbeitstag und dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung mehr als drei Jahre liegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Carpaltunnelsyndroms (CTS) als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2113 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) („Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel [Carpaltunnelsyndrom] durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen“) bzw. einer diesem Krankheitsbild entsprechenden Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII im Streit.
Die am ... 1956 geborene Klägerin war vom 22.10.1979 bis zum 31.12.2009 bei der Firma ... in ... als Arbeiterin beschäftigt. Zuvor hatte sie von 1971 bis 1972 eine Tätigkeit als Helferin im Spüldienst verrichtet, bis 1974 eine Ausbildung zur Krankenpflegerin absolviert und anschließend bis 1978 als Krankenpflegehelferin gearbeitet. In den Jahren 1978 bis 1979 hatte die Klägerin Mutterschaftsurlaub.
Während ihrer Beschäftigung bei der Firma ... war die Klägerin zunächst als Putzfrau und dann vom 22.10.1979 bis zum 31.12.1993 als Arbeiterin in der Presse und in der Spritzerei tätig. Vom 01.01.1994 bis zum 23.10.2008 arbeitete sie dann als Arbeiterin/Packerin im Bereich der Bandabnahme. Der 23.10.2008 war der letzte Arbeitstag der Klägerin bei der Firma ..., danach war sie bis zum 31.12.2009 arbeitsunfähig erkrankt. Vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 war die Klägerin arbeitslos. Seit dem 01.01.2011 bezieht die Klägerin Rente.
Am 13.08.2013 erhielt die Beklagte erstmalig Kenntnis von dem Verdacht des Vorliegens eines CTS als BK. Prof. Dr. H. teilte den Verdacht des Vorliegens einer BK Nr. 2106 („Druckschädigung der Nerven“) aufgrund eines beidseitigen CTS der Klägerin mit. Die Beschwerden seien erstmalig vor ca. zwei Jahren aufgetreten. Gemäß den vorgelegten Operationsberichten des Handchirurgen Prof. Dr. H. wurde das CTS am 21.08.2012 (links) und am 04.06.2013 (rechts) mittels offener Carpaldachspaltung operiert, wobei sich jeweils intraoperative keine Besonderheiten hätten feststellen lassen. In seiner ergänzenden Auskunft vom 05.09.2013 teilte Prof. Dr. H. mit, dass die Klägerin ihn aufgrund der Erkrankung erstmalig am 10.08.2012 aufgesucht habe, wobei sie als Beschwerden das Einschlafen beider Hände links mehr als rechts seit vier Monaten angegeben habe.
Die Klägerin gab gegenüber der Beklagten an, bereits seit 2008 immer wiederkehrende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen an beiden Händen verspürt zu haben. Sie führe diese Probleme auf ihre mehr als 30jährige Tätigkeit im Vier-Schichtbetrieb als Bandarbeiterin zurück, sowie auch auf die hierbei verwendeten Arbeitsstoffe und Lösungsmittel. Erstmalig sei sie wegen dieser Erkrankung im Jahr 2010 durch Dr. B. und Dr. H. behandelt worden.
Aus den vorgelegten Arztberichten des Dr. B. ging hervor, dass dieser am 18.07.2012 ein CTS beidseits diagnostizierte. Eine frühere Behandlung eines CTS als im Jahr 2012 ist ärztlich nicht dokumentiert.
Die Beklagte forderte bei der Krankenkasse der Klägerin ein Vorerkrankungsverzeichnis über alle Erkrankungen im Bereich der Hände und Handgelenke an. Aus dem am 19.09.2013 vorgelegten Verzeichnis der X-Krankenkasse für den Zeitraum 17.09.2007 bis 16.10.2012 ergibt sich keine Erwähnung eines CTS.
Der Hausarzt Dr. H. teilte am 23.09.2013 mit, dass die Klägerin über Schmerzen in der linken und rechten Hand klage, wobei die Diagnostik durch Dr. B. durchgeführt worden sei. Zur Frage nach den Erkenntnissen zur Entstehung der Beschwerden wurde auf die jahrelange Arbeit der Klägerin bei der Firma ... verwiesen.
Der Auskunft des Hausarztes war ein Bericht des Chirurgen und Handchirurgen Dr. W. vom 25.07.2012 beigefügt, wonach die Klägerin sich am 24.07.2012 wegen der Diagnose beidseitiges CTS vorgestellt habe und über seit mindestens drei Monaten bestehende Gefühlsstörungen beider Hände, linke Seite schlechter berichtet habe.
Nach Durchführung einer Besichtigung des früheren Arbeitsplatzes der Klägerin verfasste der Präventionsdienst der Beklagten am 02.10.2013 einen Bericht, wonach im Beschäftigungszeitraum 01.01.1994 bis 23.10.2008 CTS-relevante Belastungen vorhanden gewesen seien, welche nach der wissenschaftlichen Begründung zu einem CTS führen könnten.
Im Auftrag der Beklagten fertigte der Radiologe Dr. R. daraufhin Röntgenaufnahmen an. Hierzu teilte er am 22.10.2013 mit, dass er vom Vorliegen von Heberden-Arthrosen ausgehe. Die Pathologika der proxi...