Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei Bezug einer Altersrente. Zufluss der ersten Rentenzahlung vor Rentenbeginn. Einkommensberücksichtigung. Wegfall des Leistungsanspruchs. Aufteilung auf einen Zeitraum von sechs Monaten. einmalige Einnahme. Anwendbarkeit des § 11 Abs 3 S 2 SGB 2 auf Vorschüsse. bereite Mittel. Behaftung mit einem Erstattungsanspruch. Durchsetzung außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Zufluss einer Rentenzahlung vor dem sich aus dem Rentenbescheid ergebenden Rentenbeginn stellt keinen "Bezug" einer Rente wegen Alters iS von § 7 Abs 4 S 1 Alt 2 SGB II dar.
2. Dass eine vorzeitig erfolgte Rentenzahlung formal mit einem Rückerstattungsanspruch behaftet ist, schließt im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung deren Berücksichtigung als Einkommen nicht aus, sofern die Durchsetzung des Rückerstattungsanspruchs außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liegt (vorliegend: Zufluss der ersten Rentenzahlung fünf Tage vor dem bewilligten Rentenbeginn).
3. Eine vorzeitig zugeflossene Geldleistung stellt keine einmalige Einnahme iS von § 11 Abs 3 S 2 SGB II dar.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die abschließende Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat November 2018 und über die Pflicht der Klägerin zur Erstattung von für diesen Zeitraum vorläufig erbrachten Leistungen.
Mit Bescheid vom 20. November 2018 bewilligte der zuständige Rentenversicherungsträger der im August 1953 geborenen Klägerin eine Rente wegen Alters für langjährig Versicherte iHv. 743,56 € pro Monat beginnend ab dem 1. Dezember 2018. Die laufenden Zahlungen sollten ab dem 31. Januar 2019 jeweils zum letzten Tag des betreffenden Monats beginnen. Für Dezember 2018 kündigte der Rentenversicherungsträger eine Nachzahlung an, die ebenfalls 743,56 € betragen werde.
Am 21. November 2018 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 26. November 2018 (Zahlungseingang) überwies der Rentenversicherungsträger auf das Konto der Klägerin - von den Beteiligten zunächst unbemerkt - einen Betrag von 743,56 €. Daneben flossen der Klägerin im Laufes des November 2018 der Arbeitslohn für Oktober 2018 iHv. 405,30 €, Einnahmen aus Untervermietung iHv. 115,63 € sowie Arbeitslosengeld I (Alg I) iHv. 410,15 € zu.
Mit Bescheid vom 29. November 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für November 2018 iHv. 217,07 €. Als Arbeitseinkommen legte er prognostisch einen Betrag von 420,00 € netto (nach Abzug des Erwerbstätigen-Freibetrags: 256,00 €) zugrunde und er berücksichtigte daneben eine Alg I-Leistung von 410,15 € sowie Einnahmen aus Untervermietung iHv. 115,63 €. Für den Monat Dezember lehnte er den Antrag ab, weil die Klägerin dann nicht mehr leistungsberechtigt sei, da sie ab diesem Zeitpunkt eine Rente wegen Alters beziehen werde.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2019 lehnte der Beklagte im Rahmen der abschließenden Entscheidung Leistungen für den Monat November 2018 ab und forderte die Klägerin zur Erstattung der vorläufig gewährten Leistungen iHv. 217,07 € auf. Bei der Leistungsberechnung legte er an Bedarfen einen Regelbedarf von 416,00 €, einen Bedarf für Unterkunft und Heizung von 573,28 € und einen Mehrbedarf für Warmwassererzeugung von 9,57 € zugrunde. Als Einkommen legte er den Zahlbetrag des Oktoberlohns iHv. 405,30 € (nach Abzug des Erwerbstätigen-Freibetrags hiervon anrechenbar: 244,24 €), Einnahmen aus Untervermietung iHv. 115,63 €, Alg I iHv. 410,53 € sowie die Rentenzahlung iHv. 743,56 € zugrunde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 4. März 2019 Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ausführte, durch Anrechnung der für den Dezember bestimmten Rentenzahlung im November würde sie im Nachhinein im Dezember bedürftig, weil die nächste reguläre Rentenzahlung erst Ende Januar 2019 erfolgt sei. Der Rentenversicherungsträger habe die Rentennachzahlung für Dezember lediglich versehentlich zu früh bereits im November 2018 überwiesen. Dabei legte sie eine Bescheinigung des Rentenversicherungsträgers vor, der darin das Bestehen eines Rentenanspruchs ab dem 1. Dezember 2018 bestätigte und weiter ausführte, er habe den Rentenbescheid am 20. November 2018 erteilt und zeitgleich die Rente für den Monat Dezember 2018 zur Zahlung angewiesen, sodass diese bereits im November 2018 zur Auszahlung gelangt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der Bedarf für November 2018 sei durch das in diesem Monat erzielte Einkommen gedeckt. Anzurechnen sei nach dem Zuflussprinzip insbesondere auch die auf dem Konto der Klägerin eingegangene Rentenzahlung.
Am 25. September 2019 hat die Kläg...