Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen. Auskunftsanspruch gegen Unterhaltspflichtige. hinreichende Anhaltspunkte für ein jährliches Gesamteinkommen in Höhe von mindestens 100.000 Euro. keine Beschränkung auf öffentlich zugängliche Informationen
Leitsatz (amtlich)
Der gegen die Angehörigen gerichtete Auskunftsanspruch des § 43 Abs 5 SGB XII setzt voraus, dass im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Einkommensgrenze von 100.000 Euro vorliegen. Bei der Prüfung dieser Tatbestandsvoraussetzung darf der Grundsicherungsträger alle ihm vorliegenden Erkenntnisse berücksichtigen und ist nicht auf öffentlich zugängliche Informationen (zB Funk, Fernsehen, öffentliche Archive) beschränkt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen ein Auskunftsverlangen der Beklagten.
Er ist seit dem Jahr 2001 bei der S. AG in W. beschäftigt und erzielte gemäß Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen von 85.808,00 €. Aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte der Einkommenssteuerbescheid negative Einkünfte i.H.v. - 2.232,00 €.
Die Beklagte gewährte dem am 07.11.1937 geborenen und vom 07.10.2008 bis zu seinem Tod am 05.08.2015 in einem Pflegeheim untergebrachten Vater des Klägers Hilfe zur Pflege nach dem fünften Kapitel des Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII). Der Kläger verpflichtete sich nach längerem Rechtsstreit in einem vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 4 F 1113 AG) am 14.09.2014 geschlossenen Vergleich dazu, Unterhaltszahlungen zu entrichten. Der Vergleich sah dabei unter anderem folgende Regelung vor
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Für die Zeit vom 01.01.2013 bis längstens Dezember 2017 verpflichtet sich der Antragsgegner gegenüber der Stadt K. für seinen Vater (....) zu der folgenden Unterhaltsleistung:
Die Beteiligten gehen von einer Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in Höhe von 626,00 € aus. Von diesem Betrag wird der Bedarf der Mutter des Antragsgegners in voller Höhe abgerechnet. Die dann noch bestehende Differenz wird halbiert in dem Sinne, dass der Antragsgegner 50 % des dann noch offenen Geldbetrages als übergegangenen Elternunterhalt an die Stadt K. bezahlt (Berechnungsbeispiel: 626 € - 150 € Bedarf der Mutter des Antragsgegners = 476 € :2 = 238 € im Monat).
Die Abrechnung erfolgt immer jährlich und zwar im Januar für das jeweils vorausgegangene Jahr. Ab Oktober 2014 leistet der Antragsgegner für seinen Vater den monatlichen Vorschuss in Höhe von 200,00 € an die Stadt K..
§ 4
Für den Unterhaltszeitraum von Januar 2013 bis einschließlich Dezember 2017 gibt es folgende Änderungsmöglichkeiten:
a.) Wenn der Bedarf der Mutter es Antragsgegners mindestens monatlich 626,00 € beträgt oder,
b.) falls die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners unter 626,00 € monatlich sinkt oder
c.) falls die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners durch die Antragstellerin mit Wirkung ab 01.01.2017 eine wesentliche Änderung in Bezug auf die Leistungsfähigkeit ergeben sollte. Hierzu hat die Antragstellerin das Recht, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Antragsgegners ab 01.01.2017 zu überprüfen, wobei der Antragstellerin auch der Auskunftsanspruch gemäß § 117 SGB XII zusteht.„
Die vom Vater geschiedene und getrennt lebende am 20.02.1945 geborene Mutter des Klägers bezieht seit dem Jahr 2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel SGB XII. Sie bewohnt eine dem Kläger gehörende Wohnung und erhält hierfür Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Beklagte.
Nach dem Tod des Vaters des Klägers wendete sich die Beklagte mit Schreiben vom 13.08.2015 an den Kläger und teilte mit, aufgrund des Todes des Vaters ergebe sich eine Änderung in der Unterhaltssachbearbeitung. Ab September 2015 stehe der gesamte mögliche Unterhalt für die Mutter zur Verfügung. Da die bisherige Berechnung mit Daten aus dem Jahr 2010 erfolgt sei, werde um Rücküberlassung eines Prüfbogens nebst diversen Nachweisen gebeten.
Am 30.11.2015 hörte die Beklagte die Mutter des Klägers zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungen an, da der Kläger womöglich über ein Einkommen von 100.000,00 € verfüge. Diese nahm dahingehend Stellung, dass sie keine Veranlassung zu der Annahme habe, dass das Einkommen des Sohnes 100.000,00 € oder mehr betrage. Der Sohn habe eine Unterhaltsgewährung ausdrücklich abgelehnt. In diesem Zusammenhang gelangte die Seite 1 vom Einkommenssteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2011 zur Gerichtsakte, nach welchem ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 73.796,00 € erzielt worden war.
Die Beklagte forderte den Kläger wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 05.01.2016, dazu auf, eine aktuelle Einkommenssteuererklärung vorzulegen.
Mit Bescheid vom 15.03.2016 verpflichtete die Beklagte den Kläger dazu, innerhalb eines Monats Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen und hierzu...