Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts von über den Todesmonat hinaus gezahlter Rente bei durchgehend im Soll befindlichem Konto

 

Orientierungssatz

Die Kammer schließt sich der Auffassung des 9. Senats des BSG an (Urteil vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R = BSGE 83, 176 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4), wonach der Leistungsträger von dem Geldinstitut eine zu Unrecht überwiesene Geldleistung auch dann nicht nach § 118 Abs 3 SGB 6 zurückfordern kann, wenn sie einem durchgehend im Soll befindlichen Girokonto gutgeschrieben und über das Konto später bis zur Rückforderung durch einen anderen Berechtigten als die Bank in Höhe eines entsprechenden Betrages verfügt worden ist.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückerstattung eines über den Sterbemonat eines Rentners hinaus auf dessen Konto bei der Beklagten gezahlten Rentenbetrages.

X., früher wohnhaft in X., bezog von der Klägerin Rente. Er verstarb 1998. Seine Rente wurde zuletzt für den Monat April 1998 auf sein Konto bei der Beklagten überwiesen. Die Rente in Höhe von 1.916,19 DM wurde dem Konto am 01.04.1998 gutgeschrieben (die Buchung war am 30.03.1998 erfolgt). Nach dieser Buchung betrug der Kontostand: DM 604,03 Soll. Gebucht wurden im Anschluss noch: am 01.04.1998 eine Gutschrift Dritter in Höhe von 216 DM, ebenfalls am 01.04.1998 eine Lastschrift von 250 DM für die Beerdigung des Verstorbenen sowie eine weitere Lastschrift von 1.296 DM Miete. Am 03.04.1998 erfolgte eine Überweisung mit Lastschrift von 1.883,08 DM. Am 07.04.1998 wurde die Miete zurückgebucht mit einer Gutschrift von 1.296 DM. Am 08.04.1998 erfolgte eine Lastschrift durch Scheckeinreichung seitens der Tochter des Verstorbenen in Höhe von 1.000 DM.

Vom Rückforderungsverlangen der Klägerin erlangte die Beklagte erstmals mit deren Schreiben vom 16.04.1998 Kenntnis. Die Klägerin forderte die Rückerstattung dann zunächst von der Tochter des Verstorbenen, half deren Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid jedoch ab und richtete ihr Rückforderungsverlangen dann an die Beklagte. Nach umfangreichem Schriftwechsel hielt sich die Beklagte weiterhin nicht für verpflichtet, die über den Sterbemonat hinaus gezahlte Rente zurückzuzahlen.

Die Klägerin hat daraufhin am 06.05.1999 Leistungsklage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage führt sie im wesentlichen aus, immer dann, wenn die Gutschrift der Rente auf ein im Soll stehendes Konto erfolge, bleibe die Bank in Höhe der von ihr vorgenommenen unwirksamen Verrechnung im Kontokorrent erstattungspflichtig, und zwar unabhängig von nachfolgenden Kontobewegungen. Die wirtschaftliche Bereicherung bei Eingang der Rente auf ein im Soll stehendes Konto dadurch, dass sich das Debet des Kontoinhabers verringere, sei auch dann noch gegeben, wenn ein dem Wert der Rente entsprechender Betrag durch Verfügungen wieder vom Konto abgeflossen sei. Denn ohne vorherige Gutschrift der zu Unrecht gezahlten Rente würde sich ein noch höheres Debet im Vergleich zum ursprünglichen Sollstand ergeben. Dieser Auffassung sei auch der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr DM 1.916,19 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, sie habe gegen die Forderung aus der überwiesenen Rente nicht mit eigenen Forderungen aufgerechnet, vielmehr sei über den überwiesenen Betrag seitens Dritter verfügt worden. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung bestehe daher nicht. Auf den Saldo des Kontos komme es nur an, wenn das Konto im Guthaben geführt worden sei. Das sei jedoch nicht der Fall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

§ 118 Abs. 3 und 4 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) in der hier maßgebenden Fassung vor der Änderung durch das Gesetz vom 21.06.2002 (BGBl. I Seite 2167) bestimmte:

Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten auf ein Konto bei einem Postgiroamt oder einem anderen Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind die Personen, die die Geldleistung in Empfang genommen oder über den ent...

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