Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. keine Rückforderung von überzahlten Leistungen für Unterkunft und Heizung vom Vermieter bei Direktzahlung an diesen ohne Abtretungsvertrag zwischen Hilfebedürftigem und Vermieter. § 53 Abs 6 SGB 1 lex specialis zu § 50 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
Vom Leistungsträger zu Unrecht erbrachte Kosten der Unterkunft und Heizung können auch wenn die Leistung direkt an den Vermieter ausbezahlt worden ist, grundsätzlich nur vom Hilfebedürftigen und nicht vom Vermieter zurück gefordert werden. § 53 Abs 6 SGB 1 ist nur dann eine geeignete Ermächtigungsgrundlage für die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme des Vermieters, wenn zwischen diesem und dem Hilfebedürftigen ein Abtretungsvertrag geschlossen worden ist oder eine Verpfändung stattgefunden hat. Hierfür genügt eine vom Hilfebedürftigen gegenüber dem Leistungsträger erklärte Einwilligung in die Auszahlung an den Vermieter nicht.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 14.01.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2008 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der R.-Straße in T. Mit Mietvertrag vom 10.12.2006 vermietete sie diese für eine Miete von 150,- € monatlich zuzüglich 30,- Nebenkosten exklusive Heizung ab 01.11.2006 an Frau L. Zu den Nebenkosten hinzu kamen Aufwendungen von 83,- € monatlich für die Heizung, die jedoch nicht an die Klägerin sondern an das Versorgungsunternehmen zu zahlen waren.
Frau L. bezog fortlaufend Leistungen nach dem SGB II. Mit Zusatzblatt 1 Ihres Weiterbewilligungsantrags vom 03.09.2007 ermächtigte Frau L. den Beklagten, die anfallende Kaltmiete unmittelbar an die Klägerin auszuzahlen. Diese Vereinbarung zwischen dem Beklagten und Frau L. wurde von der Klägerin nicht gegengezeichnet. Mit Bescheid vom 16.10.2007 bewilligte der Beklagte die Weiterzahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung für Frau L. Der Beklagte überwies bis einschließlich Januar 2008 die Frau L. zustehenden Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 und 4 SGB II unmittelbar an die Klägerin. In den vorliegend streitgegenständlichen Monaten Dezember 2007 und Januar 2008 erhielt die Klägerin allerdings nur 170,- € monatlich ausbezahlt, da der Leistungsanspruch für die Kosten der Unterkunft und Heizung von Frau L. durch eine Anrechnung offener Forderungen durch den Beklagten um 53,- € monatlich gemindert und überdies insgesamt nur 223,- € monatlich als angemessen anerkannt worden waren.
In der Folgezeit zog Frau L. ohne den Mietvertrag zu kündigen aus der Wohnung der Klägerin aus. Der Zeitpunkt des Auszugs von Frau L. ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Beklagte behauptet, Frau L. sei gemäß telefonischer Auskunft des Einwohnermeldeamtes zum 30.11.2007 aus der Wohnung der Klägerin aus- und nach B. gezogen. Demgegenüber betont die Klägerin, dass der Mietvertrag bis heute nicht gekündigt sei. Durch das geltende Mietrecht sei sie gehindert gewesen, sich eigenmächtig die Verfügungsgewalt über die Wohnung zu verschaffen. Die Schlüssel zur Wohnung habe sie erst ca. im Mai von einer Nachbarin erhalten, Frau L. selbst habe diese nicht übergeben. Eine klassische Wohnungsübergabe habe nicht stattgefunden. Eine Weitervermietung sei aufgrund des Zustandes der Wohnung erst nach einer Generalrenovierung im Juni 2008 möglich gewesen. Frau L. sei bereits in der Vergangenheit häufig längere Zeit nicht in der Wohnung gewesen. Schon von daher könne sie ein präzises Auszugsdatum nicht benennen. Jedenfalls nicht maßgeblich sei insoweit die polizeiliche Ummeldung von Frau L. Diese müsse nicht zwingend den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Ein Auszug der Klägerin zum 30.11.2007 werde vor diesem Hintergrund bestritten. Frau L. habe jedenfalls noch im Dezember in der Wohnung gewohnt.
Mit an Frau L. adressiertem Bescheid vom 14.01.2008 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 16.10.2007 ganz auf und setzte gegenüber Frau L. 446,00 € zur Erstattung fest. Mit weiterem, an die Klägerin adressierten, vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 14.01.2008 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die für die Monate Dezember 2007 und Januar 2008 an die Klägerin ausbezahlte Miete in Höhe von 2 x 170,- € = 340,- € zu erstatten. Insoweit bestehe eine gesamtschuldnerische Haftung von Frau L. und der Klägerin für die zu Unrecht gezahlten Kosten der Unterkunft und Heizung. Zur Begründung verwies der Beklagte auf § 53 Abs. 6 SGB I.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.01.2008 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf das ungekündigte Mietverhältnis. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er erneut auf § 53 Abs. 6 SGB I. Aufgrund der Direktauszahlung der Miete an die Klägerin sei diese gesamtschuldnerisch mit Frau L. zur Erstattung der geltend gemachte...