Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. Gebührenanfall bei außergerichtlicher telefonischer Besprechung
Leitsatz (amtlich)
Die Terminsgebühr nach Ziffer 3104 VV RVG (juris: RVG-VV) iVm Vorbemerkung 3 Abs 3 S 3 Nr 2 VV RVG entsteht auch, wenn die außergerichtliche Mitwirkung an einer Besprechung, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet war, fernmündlich, von kurzer Dauer und sogar erfolglos war (nach BGH vom 20.11.2006 - II ZB 9/06, juris RdNr 7 f = BGHReport 2007, 182).
Orientierungssatz
Zum Leitsatz: Abgrenzung von LSG Darmstadt vom 20.4.2011 - L 2 SF 311/09 E.
Tenor
1. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2019 wird zurückgewiesen. Die von der Erinnerungsführerin der Erinnerungsgegnerin im Rechtsstreit S 7 KR 89/18 zu erstattenden Kosten werden endgültig auf 474,49 Euro festgesetzt.
2. Von den festgesetzten Kosten ist der Gesamtbetrag von 474,49 Euro seit dem 08.10.2018 mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.
3. Die Erinnerungsführerin hat der Erinnerungsgegnerin die Kosten dieses Erinnerungsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um den Ansatz einer Terminsgebühr bei schriftlichem, außergerichtlichem Vergleichsabschluss im Hauptsacheverfahren im Rahmen der Festsetzung der Gebühren durch das Gericht nach § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Das vorangegangene Klageverfahren zwischen den Beteiligten (Rechtsstreit S 7 KR 89/19) endete mit Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten (Annahme eines Vorschlages der Beklagten und Erinnerungsführerin vom 5. Juli 2018 durch Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Erinnerungsgegnerin am 8. August 2018), worin die Beteiligten sich u.a. darauf einigten, dass sie die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte tragen wollten. Vorausgegangen war, dass die Erinnerungsgegnerin mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018 im Hauptsacheverfahren geltend gemacht hatte, noch Rücksprache mit ihrer Mandantin zum Einigungsvorschlag der Erinnerungsführerin halten zu müssen.
Die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin machte mit ihrer Rechnung vom 4. Oktober 2018 unter anderem eine Terminsgebühr nach Ziffer 3104 VV RVG i.H.v. 241,20 € zzgl. Umsatzsteuer geltend. Dies beruhte nach dem unstreitigen Vortrag beider Beteiligten darauf, dass die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin (Klägerin im Rechtsstreit S 7 KR 89/18) ein Telefonat mit einem Vertreter der Erinnerungsführerin geführt hatte. Inhalt dieses Telefonanrufes des Vertreters der Erinnerungsführerin vom 22. März 2018 war, dass die Erinnerungsführerin nach Einsichtnahme in die Krankengeschichte im Rahmen des Rechtsstreits sich nun doch entschlossen hatte, einen von der Klägerin bereits vorgerichtlich mit E-Mail vom 9. Mai 2017 unterbreiteten Kompromissvorschlag anzunehmen. Die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin habe im Telefonat zugesagt, mit der Erinnerungsgegnerin zu besprechen, ob sie weiterhin hierzu bereit sei.
Die Erinnerungsführerin macht geltend, ihr mit Schreiben vom 5. Juli 2018 unterbreiteter und von der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin mit Schreiben vom 8. August 2018 angenommener Vergleichsvorschlag habe zur Beendigung des Verfahrens geführt. Ein schriftlicher Vergleich im Sinne von § 101 Sozialgerichtsgesetz (SGG) oder ein protokollierter Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) sei nicht geschlossen worden. Die Erinnerungsführerin hält hingegen das Telefonat vom 22. März 2018 nicht für ausreichend für den Entstehungstatbestand der Terminsgebühr, da dieses Telefonat gerade nicht zu einer Einigung geführt habe. Richtig sei vielmehr, dass das Telefonat zwar stattgefunden habe, sich die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin in diesem Telefonat aber ausdrücklich nicht auf eine Einigung eingelassen habe. Das Telefonat sei daher nicht kausal für einen Vergleichsabschluss geworden, sondern habe dazu geführt, dass das Verfahren habe weiterbetrieben werden müssen bis zur Unterbreitung des schriftlichen Vergleichsvorschlages am 5. Juli 2018. Zudem sei im Telefonat vom 22. März 2018 von der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin mitgeteilt worden, dass nach nunmehr erfolgter Klageerhebung kein Interesse mehr an einer Einigung bestünde.
Die Erinnerungsführerin beantragt (sinngemäß),
die im Rechtsstreit S 7 KR 89/18 von ihr der Erinnerungsgegnerin zu erstattenden Kosten ohne Terminsgebühr und damit endgültig auf 330,97 Euro festzusetzen.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
die ihr im Rechtsstreit S 7 KR 89/18 von der Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten endgültig auf 474,49 Euro festzusetzen.
Hierzu vertritt die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin die Auffassung, das Telefongespräch am 22. März 2018 hätte nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 3 Z. 2 VV RVG die Terminsgebühr selbst dann ausgelöst, wenn sich die Beteiligten im Ergebn...