Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für die Zeit vom 08.02.2017 bis 30.06.2017, längstens jedoch bis zur Entscheidung in einem Klageverfahren hinsichtlich des Widerspruchs der Antragsteller vom 06.02.2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.01.2017, Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch im Umfang der jeweiligen Regelleistungen und des Mehrbedarfs für die Antragstellerin in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.

 

Gründe

I.

Streitig ist ein Anspruch der Antragsteller auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gegenüber der Antragsgegnerin über den 31.01.2017 hinaus.

Die 1987 geborene Antragstellerin und ihr Sohn, der 2014 geborene Antragsteller, sind bulgarische Staatsangehörige und leben seit dem 01.03.2015 in Deutschland. Die Antragstellerin war mit ihrem Sohn ursprünglich eingereist, um ihrem Lebensgefährten zu folgen. Wegen Gewaltanwendung seitens des Lebensgefährten suchten die Antragsteller Zuflucht im Frauenhaus A-Stadt, wo sie sich seit dem 19.11.2015 aufhalten. Ausweislich der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin wurde den Antragstellern mit Bescheid vom 21.12.2015 ab 22.11.2015 Leistungen nach dem Dritten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe des jeweiligen Regelsatzes und unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung für die Antragstellerin gewährt. Weitere Bewilligungsbescheide datieren vom 23.02.2016 sowie vom 11.07.2016. Auch für die danach liegenden Leistungszeiträume sind den Antragstellern die bisherigen Leistungen weiter gezahlt worden. Die Unterkunftskosten der Antragsteller im Frauenhaus hat die Antragsgegnerin direkt mit dem Frauenhaus A-Stadt abgerechnet.

Mit Schreiben vom 20.12.2016 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, sie erhalte aufgrund der seit dem 03.12.2015 ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als erwerbsfähige EU-Bürgerin zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Aufgrund einer am 01.01.2017 eingetretenen Gesetzesänderung zu § 23 SGB XII entfalle dieser Anspruch mit Ablauf des 31.12.2016. Sofern die Antragstellerin keine Arbeitnehmereigenschaft aufweise, kein Aufenthaltsrecht besitze oder sich ihr Aufenthaltszweck allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, habe sie keinen weiteren Anspruch auf Sozialhilfe. Ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland habe die Antragstellerin nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU, § 2. Wenn sie ihren Lebensunterhalt und ihren Krankenversicherungsschutz nicht selbst sicherstellen könne, habe sie kein Aufenthaltsrecht (§ 4 Freizügigkeitsgesetz/EU). Bis zur Ausreise könne sie für längstens einen Monat nochmals eingeschränkte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, der Unterkunfts- und Heizkosten sowie zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erhalten. Außerdem könne ihr für ihre Rückreise ein Darlehen für angemessene Fahrtkosten bewilligt werden. Das Schreiben stelle eine Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar.

Mit Schreiben vom 12.01.2017 teilten die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, sie sei als EU-Bürgerin und ihm Rahmen ihrer Freizügigkeit eigentlich zum Zwecke der Familienzusammenführung in Deutschland und nicht zum Zwecke der Arbeitssuche. Trotz der Neuregelung wolle sie mit ihrem kleinen Sohn in Deutschland bleiben.

Mit Bescheid vom 29.12.2016 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern für die Zeit ab 01.01.2017 Hilfe zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung der geänderten Regelsätze ab Januar 2017. Der Bescheid enthielt den Berechnungsbogen für den Monat Januar 2017 und in der dem Bescheid beigefügten Bescheinigung zur Inanspruchnahme von Vergünstigungen die Formulierung: „Die Leistung wird bis auf weiteres gewährt. Anhaltspunkte für eine Beendigung der Leistung liegen gegenwärtig nicht vor.“

Mit Bescheid vom 16.01.2017 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, die bisher nach dem Dritten Kapitel des SGB XII gewährten Leistungen für die Antragsteller stelle die Antragsgegnerin zum 01.02.2017 ein. Zur Begründung führte sie aus, ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hätten die Antragsteller nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU § 2. Die Antragstellerin selbst habe angegeben, in der Vergangenheit nicht zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist zu sein. Darüber hinaus seien die Antragsteller nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt und ihren Krankenversicherungsschutz selbst sicher zu stellen. Sie hätten demnach gemäß § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU kein Aufenthaltsrecht in Deutschland und würden sich somit illegal hier aufhalten. Da die Antragsteller derzeit kein Aufenthaltsrecht in Deutschland besitzen würden, seien sie gemäß § 23 Abs...

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