Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Kostenerstattung für Eingliederungsleistungen zwischen Trägern der Sozialhilfe bei Nichterreichen der Bagatellgrenze
Orientierungssatz
1. Nach § 110 Abs. 2 S. 1 SGB 12 sind Kosten unter 2560.- €. zwischen Trägern der Sozialhilfe, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungserbringung von bis zu 12 Monaten, nicht zu erstatten, es sei denn, es handelt sich um eine vorläufige Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB 12.
2. Hierzu zählen auch Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB 10. Die in diesen Vorschriften geregelten Erstattungsansprüche beziehen sich auf solche zwischen Leistungsträgern allgemein.
3. Die Nichtanwendbarkeit der Bagatellgrenze ist auf die vorläufige Leistungserbringung im Rahmen der stationären Aufnahme beschränkt. Eine Analoganwendung auf ambulante Leistungsfälle nach § 14 SGB 9 ist nicht möglich.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Erstattungsanspruch zwischen zwei Sozialhilfeträgern wegen der vom Kläger im Rahmen eines persönlichen Budgets an den Leistungsempfänger C. C. im Zeitraum vom 01.03.2013 bis 31.08.2013 erbrachten Leistungen im Umfang von 1.500,00 €.
Der 1968 geborene Leistungsempfänger C. C. (LE) hatte mit Schreiben vom 16.02.2013 Eingliederungshilfeleistungen in Form eines persönlichen Budgets beim Kläger beantragt. Im Rahmen eines am 22.04.2013 geführten Budgetgesprächs stellte sich für den Kläger heraus, dass seine Leistungszuständigkeit nicht gegeben war, da der LE lediglich Hilfen für den Bereich der Hauswirtschaft und der Mobilität benötigte. Unter Annahme der Anwendbarkeit des § 14 SGB IX und der insoweit unterbliebenen Weiterleitung des Antrages des LE innerhalb der 2-Wochen-Frist an den für zuständig gehaltenen Beklagten erließ der Kläger unter dem 15.05.2013 einen Bewilligungsbescheid und gewährte dem LE für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2013 ein persönliches Budget in Höhe von monatlich 250,00 €. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag machte der Kläger einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten als aus seiner Sicht zuständigen Leistungsträger geltend.
Mit Schreiben vom 27.10.2014 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung ab. Dazu führte er aus, im vorliegenden Fall habe der Kläger bereits beim Budgetgespräch festgestellt, dass die Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers gegeben sei. Ohne Kontaktaufnahme mit dem Beklagten habe der Kläger sodann mit Bescheid vom 15.05.2013 das persönliche Budget in Höhe von monatlich 250,00 € bewilligt. Aus Sicht des Beklagten seien die beschriebenen praktischen Hilfen gar keine Leistungen, die durch ein persönliches Budget abzudecken seien. Darüber hinaus sei zu prüfen gewesen, ob überhaupt eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sei. So sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich, ob der Kläger geprüft habe, ob der LE einen Anspruch auf eine von der Krankenkasse finanzierte Haushaltshilfe gehabt habe. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des LE seien ungeklärt. Der Beklagte gehe davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung Arbeitslosengeld I bezogen habe. Inzwischen erhalte er Leistungen nach dem SGB II. Die Akte enthalte keine Feststellung, dass der LE zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht arbeitsfähig im Sinne des SGB II gewesen sei. Für eine Haushaltshilfe sei dann die Zuständigkeit des Jobcenters Waldeck-Frankenberg gegeben gewesen. Vom Kläger sei nicht ausreichend ermittelt worden, ob die Anspruchsvoraussetzungen überhaupt vorliegen würden. Nach Auffassung des Beklagten seien seine Interessen im vorliegenden Fall nicht gewahrt worden. Eine Erstattung sei daher nicht möglich.
Mit der am 09.12.2015 beim Sozialgericht Kassel eingegangenen Klage verfolgt der Kläger gegenüber dem Beklagten seinen Erstattungsanspruch im Umfang von 1.500,00 € weiter. Dazu machte er geltend, ihm stehe wegen der erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.500,00 € gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch nach §§ 102ff. SGB X zu. Der Kläger habe als erstangegangener Rehabilitationsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit den Leistungsantrag nicht gemäß § 14 SGB IX weitergeleitet, so dass dies im Erstattungsverhältnis zum Beklagten als zuständigen Leistungsträger eine lediglich nachrangige Zuständigkeit begründe. Der Kläger habe zunächst davon ausgehen müssen, dass er der zuständige Leistungsträger sei, so dass eine Weiterleitung nach § 14 SGB IX nicht erfolgt sei. Selbst wenn man vorliegend davon ausgehe, dass die Bagatellgrenze des § 110 Abs. 2 SGB XII grundsätzlich zu beachten sei, komme nach Auffassung des Klägers die Ausnahme nach § 110 Abs. 2 Satz 1 a. E. SGB XII (vorläufige Leistungserbringung) zum Tragen, was im Ergebnis doch zur Anwendbarkeit von § 110 SGB X führe. Mithin scheitere die erhobene Klage nicht bereits an der Bagatellgrenz...