Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 Abs 2 SGB 11 durch Landesverbände der Pflegekassen. Verletzung der Mitwirkungspflicht durch Pflegeeinrichtung. Kündigung des Versorgungsvertrags. Verwaltungsakt. Ermessen. fristloser Kündigungsgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Qualitätsprüfungen nach § 80 Abs 2 SGB 11 können nicht nur eine vom MDK durchzuführende, medizinisch-fachpflegerische Prüfung umfassen, sondern daneben gleichzeitig und unabhängig von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 79 SGB 11 durch einen Abgleich mit der Pflegedokumentation auch eine Plausibilitätsprüfung der Abrechnungen der von der Pflegeeinrichtung erbrachten Leistungen. Diesen Teil der Prüfung können die Landesverbände der Pflegekassen, an die die entsprechenden Unterlagen mit Zustimmung der Versicherten auf Verlangen herauszugeben sind, selbst vornehmen.
2. Verletzt eine Pflegeeinrichtung im Rahmen einer Qualitätsprüfung die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten, ist sie, wenn dies nicht bereits mit der Ankündigung der Qualitätsprüfung erfolgt ist, vor hieraus zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen auf diese konkret schriftlich hinzuweisen; es ist ihr Gelegenheit zu geben, die unterlassene Mitwirkung nachzuholen.
3. Die Kündigung eines mit einer Pflegeeinrichtung nach § 72 SGB 11 geschlossenen Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Pflegekassen nach § 74 SGB 11 stellt einen Verwaltungsakt dar, vor der die Pflegeeinrichtung auf der Grundlage des Prüfberichtes anzuhören ist und steht unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Ermessen der Verbände. Dabei kann die Herausgabe des Berichtes nicht mit der Begründung verweigert werden, die Prüfung habe wegen einer fehlenden Mitwirkung der Pflegeeinrichtung nur unvollständig erfolgen können und gelte damit nicht als abgeschlossen.
4. Auch wenn es durch Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung zum Tod eines Versicherten kommt, stellt diese Pflichtverletzung nur dann einen fristlosen Kündigungsgrund iS von § 74 Abs 2 SGB 11 dar, wenn insoweit ein dem Träger des Pflegedienstes zurechenbarer Zusammenhang besteht.
Tatbestand
Die Klägerin und der Kläger betreiben seit dem 1.April 1995 unter der Rechtsform einer GbR einen privaten Pflegedienst, der ständig bedarfsorientiert schwankend 18 -- 25 Mitarbeiter beschäftigt. Insoweit werden sowohl Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch -- Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) als auch nach dem SGB XI erbracht. Den Leistungen nach dem SGB V (häusliche Krankenpflege in Form von Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftlicher Versorgung nach § 37 Abs. 1 SGB V, häuslicher Krankenpflege in Form von Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 SGB V und häuslicher Pflege gemäß § 198 Reichsversicherungsordnung -- RVO --) liegt ein von ihnen mit dem Arbeitskreis ... Krankenkassen nach § 132 Abs. 1 SGB V geschlossener Vertrag vom 7. Juni 1995 zugrunde. Der Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI wurde am 17. Juli 1995/20. September 1995 zwischen den Klägern und den Beklagten durch die Landesverbände der Pflegekassen in Hessen mit Wirkung ab 1. Oktober 1995 geschlossen, wobei Gegenstand des Vertrages u.a. die Hilfen in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung im Sinne des SGB XI sind. Bestandteil dieses Vertrages sind dabei gleichzeitig auch die Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI in der ambulanten Pflege vom 10. Juli 1995, in der Fassung vom 31. Mai 1996 (BAnz 1996 Nr. 152 a, S. 3). In § 13 Abs. 1 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI ist schließlich geregelt, dass für den Fall, dass ein Vertragspartner entgegen den Bestimmungen dieses Vertrages handelt, vom jeweils anderen Vertragspartner Abhilfe bzw. Unterlassung verlangt werden kann, wobei die Aufforderung der Schriftform bedarf und Schadensersatzansprüche hiervon unberührt bleiben. Nach Abs. 2 kann der Versorgungsvertrag ihm gegenüber mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt werden, wenn ein Vertragspartner seine Vertragsverstöße trotz des Verfahrens nach Abs. 1 fortsetzt oder in schwerwiegendem Maße gegen die Bestimmungen des Vertrages handelt. Als schwerwiegende Verstöße gelten nach Abs. 3 dabei insbesondere u.a. Verstöße gemäß § 74 Abs. 2 SGB XI sowie Pflichtverletzungen, aufgrund derer eine Schädigung des Pflegebedürftigen an Leib, Leben sowie die Verletzung seiner vermögenswerten Rechte eintritt. Die Kündigung des Vertrages richtet sich sodann gemäß § 16 des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften sowie nach den entsprechenden Regelungen des § 13 des Vertrages. Geschäftsführerin der GbR war sodann von Anfang an die Klägerin, Pflegedienstleiter der Kläger. Insoweit war u.a. im Rahmen eines Nachtrags zum Vertrag nach § 132 a Abs. 2 SGB V in der Position der verantwortlichen Pflegefachkraft der Kläger zuletzt ausdrücklich bestätigt worden, was zuvor durch die Verbände der Pflegekas...