Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragsbemessung während Zeiten der obligatorischen Anschlussversicherung. zur Anwendung von § 240 Abs 1 S 3-5 SGB 5 idF vom 11.12.2018. keine Anwendung mehr von § 6 Abs 5 S 2 SzBeitrVfGrs idF vom 10.12.2014 ab der Neufassung des § 240 Abs 1 SGB 5 durch das GKV-VEG
Leitsatz (amtlich)
1. § 6 Abs 5 S 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ist seit der Neufassung des § 240 Abs 1 SGB V ab 14.12.2018 nicht mehr bei freiwillig Versicherten in der obligatorischen Anschlussversicherung anwendbar.
2. Die Krankenkasse hat auch bei einer verspäteten Vorlage von Unterlagen, die ein Einkommen nur bis zur Mindestbeitragsbemessungsgrundlage belegen, die zunächst festgesetzten Höchstbeiträge auf die Mindestbeiträge zu reduzieren.
3. Die Begrenzung der Anwendung von § 240 Abs 1 S 4 SGB V auf besondere Personengruppen durch die Krankenkasse ist nicht vom Gesetzeswortlaut und dem gesetzgeberischen Willen gedeckt.
Tenor
1. Die Bescheide vom 18.12.2015, 22.04.2016 und 21.10.2016 in der Fassung der Beitragsfestsetzung vom 11.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2019 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 13.05.2015 bis 12.10.2015, vom 01.12.2015 bis 03.04.2016 und 01.05.2016 bis 10.10.2016 nach Maßgabe der mit dem Überprüfungsantrag vom 04.03.2018 angegebenen tatsächlichen Einnahmen neu zu berechnen.
3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Neuberechnung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung während Zeiten der obligatorischen Anschlussversicherung.
Der am ... 1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er ist als Gemeindearbeiter bei der Ortsgemeinde W. im Rahmen eines Minijobs beschäftigt und war daneben in den Jahren 2015, 2016 und 2017 zeitweise versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits in der Vergangenheit wurden durch Beitragsbescheide der Beklagten Höchstbeiträge festgesetzt, da der Kläger erbetene Einkommensnachweise nicht vorgelegt hatte.
Nachdem ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis am 12.05.2015 geendet hatte, war der Kläger vom 13.05.2015 bis 12.10.2015 wieder in der obligatorischen Anschlussversicherung krankenversichert. Nachdem er Einkommensfragebögen nicht beantwortet hatte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2015 die zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 13.05.2015 bis zum 12.10.2015 auf monatlich 721,88 € (Krankenversicherungsbeitrag 614,63 €, Pflegeversicherungsbeitrag 107,25 €) fest und machte eine Beitragsforderung in Höhe von insgesamt 3.633,46 € geltend. Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Vom 13.10.2015 bis zum 30.11.2015 stand der Kläger erneut in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Nachdem der Kläger für den Zeitraum ab 01.12.2015 wiederum keine Erklärung zum Einkommen abgegeben hatte, wurden mit Bescheid vom 22.04.2016 für den Zeitraum vom 01.12.2015 bis 03.04.2016 die zu zahlenden Beiträge für Dezember 2015 wiederum auf 721,88 € und für den Zeitraum ab Januar 2016 auf 750,04 € (Krankenversicherungsbeitrag 639,86 €, Pflegeversicherungsbeitrag 110,18 €) festgesetzt. Die Gesamtforderung belief sich auf 3.047,01 €. Auch dieser Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Vom 04.04.2016 bis 30.04.2016 stand der Kläger wieder in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Aufgrund fehlender Einkommensnachweise setzte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2016 den ab 01.05.2016 zu zahlenden Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung wiederum auf 750,04 € geltend und machte für den Zeitraum vom 01.05.2016 bis 10.10.2016 Beiträge i.H.v. 3.750,20 € geltend.
Weitere Beitragsbescheide ergingen für die Zeiträume vom 01.12.2016 bis 02.04.2017 und vom 30.04.2017 bis zum 31.07.2017.
Mit Bescheid vom 11.09.2017 erfolgte eine förmliche Festsetzung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeiten der obligatorischen Anschlussversicherung vom 13.05.2015 bis zum 31.07.2017 zuzüglich Säumniszuschläge und Kosten, die Gesamtforderung belief sich auf 17.804,11 €. Diese Forderung wurde vom Kläger gezahlt.
Mit Schreiben vom 04.03.2018 teilte der Kläger der Beklagten seine Einkommensverhältnisse im Zeitraum von Januar 2015 bis Dezember 2017 mit und legte entsprechende Nachweise vor. Er bat darum, seine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nunmehr für die Jahre 2015, 2016 und 2017 neu zu berechnen und ihm entsprechend geänderte Beitragsbescheide bekanntzugeben. Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Widersprüche gegen die Beitragsbescheide seit dem 18.12.2015 und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 08.03.2018 mit, für die Beitragsbescheide der Zeiträume vom 03.05.2015 bis 30.04.2016 sowie 01.05.2016 bis 10.10.2016 sei die Widerspruchsfrist von einem Jahr bereits abgelaufen. Hier sei keine Änderung mehr möglich. Zur Neuberechnung der Beiträge für die Z...