Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenfestsetzungsverfahren. Höhe der Rechtsanwaltsgebühr. Untätigkeitsklage. keine Berücksichtigung: Disziplinierungsgedanke des Leistungsträgers
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen einer Untätigkeitsklage kommt bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Kostenfestsetzungsverfahren aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstandes und des damit verbundenen unterdurchschnittlichen anwaltlichen Arbeitsaufwands nur eine unter der Mittelgebühr angesiedelte Gebühr in Betracht.
2. Bei der Kostenfestsetzung kann ein Disziplinierungsgedanke des Leistungsträgers hinsichtlich der Durchführung eines raschen Verwaltungsverfahrens keine Beachtung finden.
Tenor
Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.11.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Kostenfestsetzungsverfahren.
Im Hauptsacheverfahren begehrte der Kläger die Bescheidung eines Widerspruchs im Wege einer Untätigkeitsklage nach § 88 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit Bescheid vom 11.10.2005 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass der Bescheid bereits aus formellen Gründen rechtswidrig sei. Nach Erhebung der Klage hob die Beklagte den Bescheid auf und entsprach somit vollumfänglich dem Klagebegehren, woraufhin der Kläger das Verfahren für erledigt erklärte.
Mit Schriftsatz vom 05.09.2008 beantragte der Kläger neben den Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von insgesamt 309,40 Euro die folgenden Kosten für das gerichtliche Verfahren gegenüber der Beklagten festzusetzen:
Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen Nr. 3102 VV RVG 250,00 Euro, Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 51,30 Euro, Gesamtbetrag 321,30 Euro.
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 16.09.2008 mit, dass Kosten für das Widerspruchsverfahren in der geltend gemachten Höhe übernommen werden. Im Übrigen trat die Beklagte der begehrten Kostenfestsetzung entgegen und machte geltend, dass im Rahmen einer Untätigkeitsklage nur eine Verfahrensgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr als billig im Sinne von § 14 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) anzusehen sei. Aus diesem Grund sei sie bereit, außergerichtliche Kosten für den Kläger in Höhe von 114,24 Euro zu übernehmen.
Mit Schriftsatz vom 25.09.2008 wies der Kläger darauf hin, dass bei der Kostenfestsetzung zunächst der Umstand berücksichtigt werden müsse, dass das Verfahren von mindestens mittlerer Schwierigkeit gewesen sei. Daneben müsse bei der Verfahrensgebühr für Untätigkeitsklagen auch ein gewisser "Erziehungseffekt" berücksichtigt werden, da sich andernfalls der Leistungsträger nach dem SGB II in Zukunft nicht mehr genötigt sehe, das Verwaltungsverfahren in angemessener Zeit abzuschließen. Mit Schreiben vom 26.09.2008 machte der Kläger zusätzlich geltend, dass ihm zudem eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr zuzüglich der Umsatzsteuer zustehe.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.11.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 114,24 Euro fest. Dabei berücksichtigt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle u.a. eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 80,00 Euro unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS. Im Rahmen der Untätigkeitsklage müsse der Umstand berücksichtigt werden, dass es sich um ein deutlich unterdurchschnittliches Verfahren verglichen mit anderen sozialgerichtlichen Verfahren handele. Daneben sei eine Einigungsgebühr nach Nr. 1005 bzw. 1006 VV RVG nicht entstanden, da die Beklagte dem Begehren des Klägers vollumfänglich entsprochen hätte.
Mit Schreiben vom 09.12.2008 legte der Kläger hiergegen Erinnerung ein und verweist auf den bisherigen Vortrag. Dabei müssen auch grundsätzlich betriebswirtschaftliche Erwägungen berücksichtigt werden. Schließlich sei die zitierte Rechtsprechung des Landessozialgerichtes auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
II.
Die gemäß § 197 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung ist unbegründet. Die streitige Verfahrensgebühr für die Untätigkeitsklage nach Nr. 3102 VV RVG, welche der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit 80,00 Euro veranschlagt hat, ist der Höhe nach zutreffend festgestellt worden. Daneben ist eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 bzw. 1006 i.V.m. Nr. 1002 VV RVG nicht angefallen.
Nach § 3 Absatz 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie vorliegend - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrah...