Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass einer einstweiligen Anordnung bei neunmonatiger Beschränkung der Leistungen nach dem AsylbLG auf das niedrigere Niveau
Orientierungssatz
Durch die Beschränkung von Leistungen auf das niedrigere Niveau nach § 3 AsylbLG für die Dauer von ca. 9-10 Monaten steht keine existenzielle Notlage zur Befürchtung. Nur das Auftreten einer existenziellen Notlage kann es aber rechtfertigen, die Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorweg zu nehmen und eine Antragsgegnerin vorläufig zur Zahlung von höheren Leistungen zu verpflichten.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... aus Köln wird abgelehnt.
Gründe
1. Der am 1.7.2010 von den Antragstellern erhobene Antrag,
den Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig weiterhin Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu gewähren,
hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-). Die Entscheidung des Gerichtes im einstweiligen Rechtsschutz darf zudem grundsätzlich keine Vorwegnahme der Hauptsache enthalten. Vorliegend kann das Gericht weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch feststellen. Nach der Rechtsprechung des 20. Senates des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG nicht mit der Begründung versagt werden, es liege kein Anordnungsgrund vor, wenn der Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zweifelhaft ist (LSG NRW Beschlüsse vom 23.1.2006 -L 20 B 15/05 AY ER-, vom 15. 3.2006 --L 20 B 8/06 AY ER-; vom 8.5.2006 -L 20 9/06 AY ER- und L 20 B 14/06 AY ER-). Diese Rechtsprechung ist in Eilverfahren entwickelt worden, in denen die Antragsteller, die im Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG stehen, die vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG (sog. Analog-Leistungen) begehren. Begründet wird diese Rechtsprechung u.a. es sei den Leistungsberechtigten, bei denen keine erheblichen Zweifel am Bestehen des Anordnungsanspruchs bestehen, nicht zumutbar bis zum Abschluss des sich unter Umständen über mehrere Jahre hinziehenden Hauptsacheverfahrens mit den niedrigeren Leistungen nach § 3 AsylbLG wirtschaften zu müssen und in den Jahren des Bezuges der niedrigeren Leistungen sei auch bei Anlegung sozialhilferechtlicher Maßstäbe ein Nachholbedarf entstanden (LSG NRW Beschluss vom 26.4.2007 -L 20 B 4/07 AY ER-, Beschlüsse vom 8.5.2006, aaO). Diese Rechtsprechung ist auf den hier zur Entscheidung gestellten Fall nicht anzuwenden, weil Gesichtspunkte eines ggf. jahrelangen Hauptsacheverfahrens und eines Nachholbedarfs nicht maßgeblich sind und eine akute bzw. drohende existenzielle Notlage der Antragsteller mit Blick auf ihre monatlichen Einnahmen und die weiteren Umstände des Einzelfalls nicht glaubhaft ist. Der Bezug der niedrigeren Leistungen nach § 3 AsylbLG wird im Fall der Antragsteller im Monat März 2011 enden. Dann wird die Antragsgegnerin die Gewährung von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG wegen erfüllter Vorbezugszeit von 48 Monaten (§ 2 Abs. 1 AsylbLG) wieder aufnehmen. Nach Mitteilung der Antragsgegnerin liegen für den Antragsteller zu 1) Zeiten nach § 3 AsylbLG von 38 Monate und 29 Tage (2.6.2004 bis 31.8.2007) und für die Antragstellerin zu 2) von 38 Monate und 6 Tage (25.9.2003 bis 30.11.2006) vor. D.h. ausgehend von einem weiteren Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit ab 1.6.2010 werden im Fall des Antragstellers zu 1) nach 9 Monaten und 1 Tag Leistungsbezug und im Fall der Antragstellerin zu 2) nach 9 Monaten und 24 Tagen Leistungsbezug, also im Monat März 2011 die maßgebende Vorbezugszeit von 48 Monaten im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG erfüllt sein. Im Hauptsacheverfahren wird daher streitig sein, ob die Antragsteller auch für den Zeitraum 1.6.2010 bis März 2011 anstelle der erbrachten Lei...