Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Erstattung von Behandlungskosten durch eine Krankenversicherung an einen Krankenhausträger. Vereinbarung von Fristen zur Vorlage streitiger Abrechnungen in einer Prüfvereinbarung. wirksame Leistungsbefreiung bei Versäumung einer Vorlagefrist. Notwendigkeit des fristgerechten Eingangs von Unterlagen bei der Pflicht zur fristgerechten Übermittlung der Unterlagen

 

Orientierungssatz

1. Wird in einer Prüfvereinbarung zur Regelung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhausleistung vereinbart, dass ein Krankenhaus nach Aufforderung innerhalb einer vorgegebenen Frist die für die Prüfung notwendigen Unterlagen zu übermitteln hat und im Falle der nicht fristgerechten Übermittlung ein Zahlungsanspruch nur in Höhe des unstreitig gestellten Rechnungsbetrags besteht, so ist die Frist nur bei rechtzeitigem Eingang der Unterlagen gewahrt. Das rechtzeitige Absenden genügt dagegen zur Fristwahrung nicht. Dabei trägt das Krankenhaus als Absender die Darlegungslast für den fristgemäßen Zugang.

2. In einer Prüfvereinbarung zur Regelung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhausleistung können die vertragsschließenden Verbände der Kassen und Krankenhäuser auch Vereinbarungen über Fristen zur Einreichung von Abrechnungsunterlagen und den Folgen einer Fristversäumnis bis hin zum Entfall von Zahlungsansprüchen regeln.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen B 1 KR 43/20 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Behandlungskosten in Höhe von 403.590,33 EUR.

Die Klägerin betreibt eine zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannte Hochschulklinik. Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Q (Versicherter) befand sich in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 bei Erstdiagnose einer erworbenen Hemmkörperhämophilie in der stationären Behandlung bei der Klägerin. Während dieses Aufenthaltes wurde der Versicherte u.a. durch eine kontinuierliche intravenöse Therapie versorgt.

Nach Abschluss der Behandlung stellte die Klägerin die Behandlungskosten gegenüber der Beklagten am 00.00.0000 mit einem Betrag in Höhe von 218.721,57 EUR, am 00.00.0000 mit einem Betrag in Höhe von 167.179,57 EUR und am 00.00.0000 mit einem Betrag in Höhe von 25.774,42 EUR in Rechnung. Die Aufteilung in drei Rechnungen erfolgte vor dem Hintergrund, dass im Datenträgeraustauschverfahren nach § 301 SGB V pro Datenlauf nur eine bestimmte Anzahl an Daten übertragen werden konnten. In der ersten Rechnung wurden die DRG, alle Zuschläge sowie die Zusatzentgelte (u.a. das Zusatzentgelt ZE 15-97C mit einer Menge von 999 i.E.) abgerechnet. In der zweiten Rechnung wurde nur das Zusatzentgelt mit einer Menge von 999 i.E. abgerechnet. In der dritten Rechnung vom 17.04.2015 erfolgte ebenfalls allein die weitere Abrechnung des Zusatzentgeltes mit einer Restmenge von noch 154 i.E..

Die Beklagte zahlte an die Klägerin daraufhin einen Betrag in Höhe von 7.922,23 EUR und beauftragte den Sozialmedizinischen Dienst (im Folgenden SMD) mit der Prüfung des Behandlungsfalls. Die Prüfung wurde gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 00.00.0000 sowie mit Schreiben vom 00.00.0000 angezeigt. Gleichzeitig wurde um die Übersendung der für die Prüfung notwendigen Behandlungsunterlagen gebeten. Insbesondere würden Auffälligkeiten u.a. in Bezug auf die Abrechnung der Zusatzentgelte vorliegen, so dass der SMD mit der Prüfung des Behandlungsfalls beauftragt worden sei. Die Schreiben vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 wurden nach den in der Verwaltungsakte der Beklagten vorliegenden Faxprotokollen am 00.00.0000 erfolgreich übermittelt. Nach dem Posteingangsstempel der Klägerin gingen das Schreiben vom 00.00.0000 am 00.00.0000 und das Schreiben vom 00.00.0000 am 00.00.0000 bei der Klägerin ein.

Die Klägerin stellte die Unterlagen zusammen und übersandte diese unmittelbar an den SMD in Siegen. Das entsprechende diesbezügliche Anschreiben der Klägerin zur Übersendung datiert vom 00.00.0000. Bei dem SMD wurde das Anschreiben nach der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten mit einem Eingangsstempel vom 00.00.0000 versehen.

In der Folge verweigerte die Beklagte die weitere Fallprüfung und die Begleichung des weiteren Rechnungsbetrages über den bereits geleisteten unstrittigen Rechnungsbetrag in Höhe von 7.922,23 EUR hinaus. In diesem Zusammenhang verwies die Beklagte darauf, dass die Frist des § 7 Abs. 2 S. 3 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V in der Fassung für das Jahr 2015 (im Folgenden PrüfVV) nicht eingehalten worden sei. Da es sich hierbei um eine Ausschlussfrist handele, rechtfertige auch das nachträgliche Liefern der Unterlagen keinen nachträglichen Vergütungsanspruch. Insbesondere komme es für die Fristwahrung auf den Zugang der Unterlagen beim SMD an.

Die Klägerin erhob am 00.00.0000 die Klage vor dem Sozialgericht Köln, zunächst gerichtet auf ...

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