Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Zurückweisung eines Bevollmächtigten. Vertretungsbefugnis eines Vereins. Voraussetzungen für die Zurückweisung. Mindestgröße des Vereins nicht maßgeblich
Leitsatz (amtlich)
Die Zurückweisung eines Vereins als Bevollmächtigter nach § 13 Abs 5 SGB X im Verwaltungsverfahren unterliegt anderen Voraussetzungen als die Zurückweisung eines Vereins als Bevollmächtigter im Gerichtsverfahren nach § 73 SGG. Insbesondere hängt die Vertretungsbefugnis eines Vereins innerhalb des Verwaltungsverfahrens nicht von einer Mindestgröße des Vereins ab.
Tenor
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Aufgrund dessen, dass hier ein Fall des § 197a SGG vorliegt, entscheidet das Gericht von Amts wegen nach Abschluss des Verfahrens über die Kosten. Gehört in einem Rechtszug weder der Antragssteller noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten Personen, was hier der Fall ist, sind die §§ 154 bis 162 VwGO entsprechend anzuwenden. Hat sich der Rechtsstreit - wie hier - nicht durch streitige Entscheidung, sondern anderweitig erledigt, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand, vgl. § 161 Abs. 2 VwGO. Weitere Ermittlungen sind nicht anzustellen. Es erfolgt vielmehr eine lediglich summarische Prüfung. Eine Klärung bisher höchstrichterlich nicht geklärter Rechtsfragen soll nicht allein im Hinblick auf die noch offene Kostenentscheidung erfolgen (BeckOK VwGO/Zimmermann-Kreher § 161 Rn. 13 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 7.9.2021 - 6 C 21.19, BeckRS 2021, 27826).
Die Erledigung des Rechtsstreits ist hier durch beiderseitige Erledigungserklärung eingetreten, wobei der Antragsteller beantragt hat „(…) dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.“, und der Antragsgegner beantragt hat „(…) den Kostenantrag abzulehnen.“ (s. GAS 94).
Der Antragsteller begehrt mit dem Eilantrag vom xx.x.xxxx die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des unter dem xx..x.xxxx eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid vom xx.x.xxxx, mit dem der Antragssteller nach § 13 Abs. 5 SGB X zurückgewiesen wurde.
Bei der Frage der Erfolgsaussichten des Eilantrags, nämlich ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs aufgrund von § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen gewesen wäre, ist zunächst zu prüfen, ob die Vollzugsanordnung als Annex zu dem Verwaltungsakt, hier der Zurückweisungsbescheid vom xx.x.xxxx, rechtmäßig war. Vorliegend wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids vom xx.x.xxxx durch die zuständige Ausgangsbehörde schriftlich, mithin ausdrücklich in dem Bescheid vom xx.x.xxxx bestimmt. Ferner wurde auf S. 2 des Bescheids vom xx.x.xxxx die sofortige Vollziehung insbesondere mit dem Schutzzweck des RDG begründet. Die Voraussetzung, die von dem Gesetzgeber für die Vertretungsbefugnis von Verbände zur Förderung der Belange von Menschen mit Behinderungen im RDG normiert worden sind, würden den Zweck verfolgen, den Vertretenen vor unsachgemäßer bzw. unvollständiger Rechtsberatung zu schützen und damit eine bestimmte Beratungsqualität sicher zu stellen. Darüber hinaus solle die Norm auch zu einer geordneten Durchsetzung der Rechtsordnung unter Beachtung der einschlägigen Prozessordnung beitragen. Insofern lässt die Begründung noch erkennen, warum im konkreten Einzelfall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt und warum die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Sodann sind die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Bei der Abwägung ist von Bedeutung, ob der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat oder nicht (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, § 86a Rn. 20b m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 12 f. m.w.N.).
Gemäß § 13 Abs. 5 SGB X sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Eine Zurückweisung des Bevollmächtigten oder des Beistandes hat nicht zu erfolgen, wenn die Tätigkeit durch das RDG erlaubt ist. U.a. zählen hierzu Mitgliederberatungen durch Berufs- und Interessenvereinigungen (Gewerkschaften, Sozialverbände, Vereine) im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs, vgl. § 7 RDG, sowie öffentliche und öffentliche anerkannte Stellen iSd. § 8 RDG, wie bspw. anerkannte Verbände zur Förderung der Belange behinderter Menschen iSd. § 15 Abs. 3 BGG im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG e...