Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unter rechtsmissbräuchlicher Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer versteht § 2 Abs. 1 AsylbLG nach Auffassung der Kammer auch eine von der Rechtsordnung missbilligte, subjektiv vorwerfbare Aufenthaltsverlängerung durch unterlassene Rückkehr in das für das Asylverfahren eigentlich zuständige Land.

2. § 2 AsylbLG bietet keine Grundlage für einen Ausschluss von Analogleistungen auf Dauer.

 

Tenor

I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 16.04.2019 wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Eilverfahrens sind sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII).

Der 1992 geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am 05.11.2016 über Italien und die Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Antragsteller ist seit dem 28.11.2016 dem Landkreis R. mit Wohnsitz in einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen. Seitdem bezieht der Antragsteller vom Antragsgegner Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 08.02.2017 wurde der Antrag des Antragstellers auf Asyl als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet. Im Bescheid wurde der Antragsteller auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen. Am 20.02.2017 erhob der Antragsteller Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg gegen die ablehnende Entscheidung sowie die Abschiebungsanordnung und beantragte außerdem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Mit Beschluss vom 09.03.2017 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Die Abschiebungsanordnung wurde demgemäß ab 09.03.2017 vollziehbar. Nachdem die Überstellungsfrist nach Italien, die bis zum 09.09.2017 lief, abgelaufen war, wurde das Asylverfahren des Antragstellers in das nationale Verfahren übergeleitet. Mit Bescheid vom 23.10.2017 lehnte das BAMF erneut den Antrag auf Asyl ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger abermals Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg. Eine Entscheidung liegt bislang noch nicht vor.

Mit Schreiben vom 19.02.2019 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Analogleistungen nach § 2 AsylbLG. Mit Bescheid vom 15.03.2019 wurde der Antrag auf Analogleistungen mit der Begründung des Rechtsmissbrauchs abgelehnt. Der Kläger habe die Überstellung nach Italien vereitelt. Mit Schreiben vom 12.04.2019 legte der Kläger Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.

Mit seinem Antrag vom 16.04.2019 auf einstweiligen Rechtsschutz hat sich der Antragsteller, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, an das Sozialgericht Landshut gewandt. Eine für den 05.09.2017 vorgesehene Überstellung des Antragstellers nach Italien habe nicht durchgeführt werden können, weil der Antragsteller nicht in der Unterkunft angetroffen worden sei. Der Antragsteller habe die Überstellung nach Italien nicht vereitelt. Er sei schlicht zum Zeitpunkt der beabsichtigten Abschiebung nicht in der Unterkunft gewesen. Er habe weder die Tür seines Zimmers mit einem Kühlschrank versperrt, noch sei er aus dem Fenster geflohen.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab 16.04.2019 vorläufig Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es liege schon keine Eilbedürftigkeit vor, nachdem der Antragsteller uneingeschränkte Leistungen gemäß § 3 AsylbLG in Höhe von monatlich 320,14 EUR beziehe. Auch ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Es sei dem Polizeibericht zu entnehmen, dass der Antragsteller am Tag der versuchten Abschiebung nach Italien sich durch einen Sprung aus dem Fenster des Nachbarzimmers der Abschiebung entzogen habe. Dem Antragsteller sei bekannt gewesen, dass er die Bundesrepublik verlassen müsse, entweder im Wege der Abschiebung oder durch freiwillige Ausreise. Eine freiwillige Ausreise sei nicht erfolgt. Der Antragsteller habe sich der Abschiebung entzogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Akte des Gerichts und die beigezogene Akte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung statthaft, aber unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 15.03.2019.

Der Antragsteller hat aktuell keinen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 AsylbLG.

Maßgebend für die Bestimmung, in welcher Weise vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren ist, ist der im Hauptsacheverfahren statthafte Rechtsbehelf. Das Rechtsschutzziel des Antragstellers besteht darin, Analogleistungen zu erhalten. Richtige Klageart im Hauptsacheverfahren wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 56 Sozialg...

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