Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 18.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2007 die bei der Klägerin vorliegende Multiple Sklerose ab 01.10.2003 im Wege der Kannversorgung als Impfschadensfolge anzuerkennen und Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz zu gewähren.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte in vollem Umfang.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung der bei ihr unstreitig vorliegenden Multiplen Sklerose als Folge einer Hepatitis-B-Impfung.
Die am ...1986 geborene Klägerin erhielt am 06.12.2002 eine Impfung gegen Hepatitis B mit dem Impfstoff "Gen H-B-Vax" der Firma A.. Die verwendete Charge war P 41365-1. Die Klägerin war seit 2002 an der Fachoberschule und musste sich wegen eines Praktikums in einem Krankenhaus dieser Hepatitis-B-Impfung unterziehen. Ab Mitte Januar 2003 traten Doppelbilder auf, so dass die Klägerin am 17.01.2003 deshalb bei ihrem Hausarzt, Dr. W... in A-Stadt, vorstellig wurde. Dieser überwies sie weiter in die Kinderklinik ... H... in R... Dort war sie vom 17.01.2003 bis 26.01.2003 in stationärer Behandlung zur diagnostischen Abklärung. Es wurde die Diagnose gestellt "inkomplette Abduzensparese" und "Verdacht auf akute demyelisierende Enzephalomyelitis". Im Kernspintomogramm zeigten sich Marklagerläsionen, Balkenläsionen links, eine paramediane Ponsläsion, was den Verdacht erhärtete. Die Bestimmung von oligoklonalen Banden aus dem Liquor war allerdings nicht eindeutig.
Die eindeutige Diagnose einer "Multiplen Sklerose vom schubförmigen Typ" wurde im September 2003 in der ...- ...-Klinik in B... gestellt. Ab ca. Mitte August 2003 war es bei der Klägerin zu Taubheitsgefühlen an den Händen, den Füßen, zum Teil auch am Bauch und verschiedenen anderen Stellen des Körpers gekommen. In der ...-...-Klinik wurde im Liquor ein entzündliches Geschehen, sowie auffällige Kontrastmittel-aufnehmende Herde im Bereich der Halswirbelsäule gefunden. Es wurde eine Cortison-Stoßtherapie sowie anschließend eine Dauerbehandlung mit Interferon eingeleitet. Die Taubheitsgefühle bildeten sich anschließend wieder zurück. Seither kommt es aber immer wieder zu Schüben der Multiplen Sklerose.
Zur Klärung des Kausalzusammenhangs hat der Beklagte ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. A ... in Auftrag gegeben. Dr. A... führte im Gutachten vom 09.03.2006 aus, dass klinisch eindeutig eine "Multiple Sklerose vom schubförmigen Typ" vorliege. Aus ihrer Sicht bestehe aber kein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Hepatitis-B-Impfung und dem Auftreten der Multiplen Sklerose. Es gäbe keine aussagekräftigen Studien darüber, die belegen würden, dass das Auftreten einer Multiplen Sklerose nach einer Hepatitis-B-Impfung statistisch gehäuft sei. Da der Entstehungsmechanismus dieser Erkrankung noch nicht exakt bekannt sei, könne man auch nicht erklären, inwieweit die Impfung Einfluss haben kann auf deren Entstehung. Zudem lägen auch die Voraussetzungen für die sog. Kannversorgung nicht vor. Diese sei nur zu gewähren bei schweren körperlichen Belastungen, welche geeignet seien, die Resistenz herabzusetzen. Bei einer Impfung sei zudem zu diskutieren, ob es zu einer ausgeprägten Erstreaktion gekommen sei. Bei der Klägerin habe weder eine ausgeprägte Erstreaktion vorgelegen, noch sonstige außergewöhnliche Belastungsfaktoren, welche die Entstehung der Multiplen Sklerose erklären könnten. Sie könne keine Anerkennung von Impfschadensfolgen vorschlagen.
Auf Grund ihrer Einschätzung hat der Beklagte im Bescheid vom 18.01.2007 die Anerkennung der Multiplen Sklerose als Impfschadensfolge abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin vom 08.02.2007 wurde im Widerspruchsbescheid vom 28.11.2007 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2007 Klage beim Sozialgericht Landshut erhoben. Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin beigezogen und den Impfspezialisten Dr. I., der selbst lange Jahre im ...-...-Institut gearbeitet hat, zum ärztlichen Sachverständigen ernannt.
Im Gutachten vom 03.06.2009 sah Dr. I. einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen der am 06.12.2002 verabreichten Hepatitis-B-Impfung und der Multiplen Sklerose. Er gehe davon aus, dass es sich im Januar/Februar 2003 um eine "akute disseminierte demyelisierende Enzephalomyelitis (ADEM)" handelte, wobei dieser Verdacht auch von der Kinderklinik ... ... in R... ausgesprochen worden sei. In der Folge habe sich eine klassische "Multiple Sklerose vom schubförmigen Typ" entwickelt. Die Hepatitis-B-Impfung, welche von ihrer Wirkungsweise her direkt das Immunsystem stimuliere, sei als plausibler Auslöser für die MS-Erkrankung zu betrachten.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,
den Bescheid des Beklagten vom 18.01.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2007 aufzuheben und die multiple Sklerose als Impfschadensfol...