Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers. Verwaltungsakt. geschützte Rechtsposition. Eingriff nur nach §§ 44ff SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Die Mitteilung des Rentenversicherungsträgers im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung, dass die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen bzw Beanstandungen ergeben hat (sog Prüfmitteilung gem § 7 BVV (juris: BeitrVV)), hat Regelungscharakter und stellt auch nach der Lehre vom actus contrarius einen Verwaltungsakt iS des § 31 SGB 10 dar.
2. Der Abschluss einer Betriebsprüfung durch eine Prüfmitteilung vermittelt eine geschützte Rechtsposition, in die nur durch die Regelungen der §§ 44ff SGB 10 eingegriffen werden kann.
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 14.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2013 wird insoweit aufgehoben, als darin Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.12.2009 nachgefordert werden.
II. Die Beklagte trägt drei Viertel der Kosten des Verfahrens, die Klägerin ein Viertel.
III. Der Streitwert wird auf 8.298,78 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - noch - um die Rechtmäßigkeit einer Beitragsnachforderung für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.12.2009.
Die Klägerin betrieb bis zum 31.10.2011 das Chinarestaurant "F...", R... in A-Stadt.
Für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 führte die Beklagte eine sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung bei dem klägerischen Restaurant durch, die mit einer Prüfmitteilung vom 05.07.2010 abgeschlossen wurde.
Der Tenor der Prüfmitteilung lautete:
"Unsere Betriebsprüfung hat keine Feststellungen bzw. Beanstandungen ergeben".
Im Rahmen einer verdachtsunabhängigen Kontrolle der Kontrolleinheit Prävention des Hauptzollamts Landshut vom 08.02.2011 wurden laut Schlussbericht vom 17.07.2012 u. a. Unstimmigkeiten bei der Lohnzahlung festgestellt.
Die Klägerin beschäftigte seit November 2006 chinesische Spezialitätenköche in ihrem Lokal. Bei den Spezialitätenköchen handelt es sich um sog. Alleinköche, die im Inland mit dem Tarifposten "Chef de partie" vergleichbar und entsprechend zu entlohnen waren. Gemäß der von der Bundesagentur für Arbeit anzuwendenden Checkliste sind diese Personen entsprechend des jeweiligen Landestarifs des Hotel- und Gaststättengewerbes (HOGA Tarif) in der Bewertungsgruppe Alleinkoch einzugruppieren.
Im streitgegenständlichen Zeitraum waren für die Alleinköche (Chef de partie) die nachfolgenden Löhne nach dem HOGA Tarif Bayern zu bezahlen:
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Gültigkeit |
Ab 05/06 |
Ab 06/06 |
Ab 05/08 |
Ab 09/09 |
Ab 10/10 |
Ab 2011 |
Mindestlohn |
1.849,- € |
1.890,- € |
1.947,- € |
1.996,- € |
2.046,- € |
2.046,- € |
Die Prüfung der Geschäfts- und Lohnunterlagen der Spezialitätenköche durch das Hauptzollamt ergab, dass die Klägerin bei der Ersteinreise der Köche den gemäß der Beschäftigungsverordnung jeweils gültigen bayerischen HOGA Tarif bezahlte, die während der anschließenden Beschäftigungsdauer (in der Regel vier Jahre) erfolgten tariflichen Lohnerhöhungen aber nicht an ihre Beschäftigten weitergab bzw. den Lohn tatsächlich nicht erhöhte. Die darauf fälligen Sozialversicherungsabgaben wurden nicht entrichtet.
Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund hörte mit Schreiben vom 02.04.2012 die Klägerin dazu an, dass geplant sei, auf Grund des oben genannten Sachverhalts für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.03.2011 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 8.298,78 € nachzufordern.
Die Beklagte erließ aufgrund des Ergebnisses des Schlussberichts des Hauptzollamts den Beitragsbescheid vom 14.08.2012, mit dem für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.03.2011 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 8.298,78 € nachgefordert werden. In dem Betrag sind Säumniszuschläge in Höhe von 1.764,00 € enthalten.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.09.2012 Widerspruch mit der Begründung, dass bereits am 05.07.2010 eine Betriebsprüfung stattgefunden habe, die zu keinen Beanstandungen führte. Ferner sei nicht berücksichtigt worden, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Fehlzeiten der Köche z. B. unbezahlter Urlaub oder unbezahlte arbeitsfreie Zeit enthalten sind, die nicht zur Beitragspflicht führten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2013 zurück.
Mit Schriftsatz vom 18.04.2013 erhob die Klägerin am 22.04.2013 Klage zum Sozialgericht Landshut:
Die Klägerin weist nochmals darauf hin, dass für Zeiten unbezahlten Urlaubs keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien. Die Klägerin erkenne jedoch an, dass sie zum Teil übersehen habe, eine tarifliche Anpassung der Löhne durchzuführen.
Die Klägerin beantragt zuletzt mit Schriftsatz vom 25.11.2013,
den Betriebsprüfungsbescheid vom 14.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2012 insoweit aufzuheben, als darin Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.06.2006 bis 31.12.2009 nachgefordert werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keinen eigenen Antrag.
Die Beklag...