nicht rechtskräftig
Tenor
I. Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.07.2003 abgeändert.
II. Die anwaltliche Vergütung wird auf 487,20 EUR festgesetzt.
III. Die Entscheidung ergeht kostenfrei.
Gründe
I.
Im Hauptsacheverfahren war zwischen den Beteiligten die Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung streitig.
Die am 28.11.2001 von der Klägerin beantragte Kostenübernahme für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) bzw. intracytoplasmatische Spermainjektion (ICSI) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2001 ab. Eine Kostenübernahme sei nur bei verheirateten Paaren gesetzlich vorgesehen. Den hiergegen am 21.12.2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2002 zurück. Die Klägerin hat deswegen über ihren Prozessbevollmächtigten am 06.05.2002 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Nachdem das Gericht den Antrag mit Beschluss vom 10.07.2002 zunächst abgelehnt hatte, hat es noch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.03.2003 Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit Beschluss vom 28.03.2003 hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht, § 27 a Abs. 1 Nr. 3 und 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur konkreten Normenkontrolle vorgelegt (Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung ausschließlich für verheiratete Paare).
Am 07.07.2003 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Kostenerstattung für einen Prozesskostenhilfe-Vorschuss beantragt. In seiner Kostennote macht er geltend:
Sozialgerichtsverfahren §§ 123, 161 Abs. 1 Satz 1 Bundesrechtsanwalts-Gebührenordnung (BRAGO) 400,00 EUR Post- und Telekommunikation § 26 BRAGO 20,00 EUR Zwischensumme netto: 420,00 EUR 16 % Mehrwertsteuer gem. §§ 11, 25 II BRAGO 67,20 EUR Bruttohonorar: 487,20 EUR.
Durch Beschluss vom 10.07.2003 setzte die Kostenbeamtin die außergerichtlichen Kosten demgegenüber wie folgt fest:
Gebühr für die Berufstätigkeit des Rechtsanwalts gem. § 116 Abs. 1 BRAGO 319,50 EUR Auslagenpauschale gem. § 26 BRAGO 20,00 EUR insgesamt: 339,50 EUR 16 % Mehrwertsteuer gem. § 25 Abs. 2 BRAGO 54,32 EUR Gesamtsumme: 393,82 EUR.
Der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.03.1990 folgend (Az: L 9 b 18/90), errechne sich die Höhe des Vorschusses nach Einlegung und Begründung des Rechtsmittels aus der sogenannten Mittelgebühr nach § 116 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zuzüglich der Gebührenpauschale. Der zu erwartende Umfang des Rechtsstreits rechtfertige eine Gebühr nur in Höhe der Mittelgebühr, wobei die festgesetzte Gebühr um 10 v.H. zu ermäßigen sei. Der klägerische Bevollmächtigte sei vor einem Gericht in den neuen Bundesländern nach dem 01.07.1996 im Auftrag eines Beteiligten tätig geworden, der seinen Wohnsitz im Beitrittsgebiet habe.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 24.07.2003 Erinnerung eingelegt. Die in Ansatz gebrachte Mittelgebühr berücksichtige weder die Bedeutung der Angelgenheit, die Schwierigkeit des Falles, den zeitlichen Aufwand für die Bearbeitung der Angelegenheit und die Vermögensverhältnisse der Klägerin. Die Kostenerstattung (wohl richtig: Kostenübernahme) für die künstliche Befruchtung beeinflusse die gesamte künftige Lebensplanung der Klägerin. Sie habe daher für sie und ihren Lebenspartner eine herausragende Bedeutung. Mangels eigener finanzieller Mittel - die Klägerin sei auf Sozialhilfe angewiesen - habe dies zur Folge, dass sie sich den (weiteren) Kinderwunsch nicht mehr erfüllen könne. Die Schwierigkeit des Falles werde auch darin deutlich, dass das Gericht nach Versagung der Prozesskostenhilfe auf Grund der Ausführungen des Klägerbevollmächtigten noch im Termin zur mündlichen Verhandlung Prozesskostenhilfe bewilligt habe. Die Komplexität der Rechtsfragen werde auch anhand der überdurchschnittlichen Dauer der mündlichen Verhandlung deutlich. Zudem habe das Gericht die streitgegenständliche Bestimmung des § 27 a SGB V für verfassungswidrig erachtet.
II.
Über die nach § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Erinnerung ist nach § 178 Satz 1 SGG, § 128 Abs. 3 BRAGO durch Beschluss des Gerichtes des Rechtszuges, bei dem die Vergütung festgesetzt ist, zu entscheiden. Die Erinnerung ist statthaft. Entgegen der Stellungnahme der Staatskasse kann nicht davon ausgegangen werden, dass nur bei einer Verweigerung eines Kostenvorschusses Erinnerung eingelegt werden könne (vgl. von Eicken, in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 127 Rdnr. 3). Auch die Höhe des Kostenvorschusses muss im Wege der Erinnerung anfechtbar sein. Andernfalls hätte es für eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung einer eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit einer Erinnerung indes allgemein "gegen die Festsetzung" eingeräumt (vgl. § 128 Abs. 3 BRAGO).
Die Erinnerung ist auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet. ...