Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fahrkosten. hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum. keine Kostenübernahme bei monatlicher Behandlungsfrequenz. lediglich Berücksichtigung geplanter Behandlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Unter Berücksichtigung der in der Krankentransport-Richtlinie (juris: KrTRL 2004) geforderten Vergleichbarkeit der Behandlung nach einem Therapieschema mit Chemotherapien und Dialysen sowie der gesetzgeberischen Wertung, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Fahrkostenübernahme durch die Krankenversicherung zu ermöglichen, ist eine hohe Behandlungsfrequenz im Sinne von § 8 Abs 2 der Krankentransport-Richtlinie auch dann noch nicht gegeben, wenn eine (nur) monatliche Behandlungsfrequenz erforderlich ist.
2. Bei der Beurteilung der Behandlungsfrequenz sind nur die Behandlungen zu berücksichtigen, die von vornherein geplant waren. Etwa ungeplante und unregelmäßige Kontrolltermine bleiben außer Betracht.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Fahrkosten.
Bei dem am 20. Oktober 1962 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Kläger wurde erstmals im März 2018 eine Polycythaemia vera (nachfolgend: PV) festgestellt - d.h. eine chronische Erkrankung, die durch eine gesteigerte Produktion roter Blutzellen (unabhängig von den normalen Regulationsmechanismen) charakterisiert ist. Zur Behandlung der PV wurde ab dem Monat der Erstdiagnose eine Aderlasstherapie eingeleitet, die im MVZ G… in D bei Prof. Dr. S… durchgeführt wurde.
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 an die Beklagte beantragte der Kläger die Übernahme von Fahrkosten, die ihm ungefähr alle fünf Wochen aufgrund notwendiger Fahrten vom Wohnort (A-Straße in A....) ins MVZ G… nach D.... entstünden, um dort notwendige Behandlungen der PV, insbesondere Aderlässe, durchzuführen. Die Fahrkosten fielen an, da er nach einem Aderlass kein Fahrzeug führen dürfe.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2018 lehnte die Beklagte die Fahrkostenübernahme ab. Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen dürften von den Krankenkassen nur dann übernommen werden, wenn eine Grunderkrankung bestehe, die mit einem vorgegebenen Therapieschema bei hoher Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum behandelt werde, wenn ein Schwerbehindertenausweis mit bestimmten Merkzeichen vorliege, wenn mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3 erfolgt sei oder wenn in bestimmten Fällen eine ambulante Operation oder eine vor- oder nachstationäre Behandlung durchgeführt worden sei. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt.
Der Kläger hatte der Beklagten ebenfalls unter dem 29. Oktober 2018 zu seinem Antrag vom 5. Oktober 2018 noch einen Arztbrief des behandelnden Arztes Prof. Dr. S… vom 19. Oktober 2018 übersandt, in dem bestätigt wird, dass die Aderlasstherapie gut vertragen werde und sie so ausgerichtet sei, dass der Kläger etwa im fünfwöchentlichen Rhythmus einen Aderlass erhalten sollte; da es zu Kreislaufreaktionen kommen könne, sollten die Fahrten zum MVZ G… nicht mit dem eigenen Auto bewältigt werden.
Die Beklagte nahm daraufhin das Verfahren hinsichtlich des Antrags vom 5. Oktober 2018 noch einmal auf und bat am 6. November 2018 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen (MDK) um eine sozialmedizinische Stellungnahme zu dem Antrag, die am 20. November 2018 vorgelegt wurde. Darin erklärte der MDK, dass die medizinische Notwendigkeit der fraglichen ambulanten Behandlungen nicht in Zweifel gezogen werde. Jedoch könnten Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen nur in bestimmten, in der Richtlinie über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 12 SGB V (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) in der seit dem 23. Dezember 2017 gültigen Version (nachfolgend: KrTr-RL a.F.) geregelten Ausnahmesituationen übernommen werden. Eine solche Situation sei im Fall des Klägers jedoch nicht gegeben. Insbesondere seien die fraglichen Aderlässe nicht vergleichbar mit den in Anlage 2 zu § 8 Abs. 2 Satz 2 KrTr-RL a.F. genannten "Serienfahrten", z.B. "Dialysefahrten".
Die Beklagte lehnte den Antrag vom 5. Oktober 2018 daher mit einem weiteren, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenden Bescheid vom 28. November 2018 ab und gab zur Begründung nunmehr die Ausführungen des MDK wieder.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter dem 24. Dezember 2018 Widerspruch ein, der nicht näher erläutert wurde.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2019 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie nochmals ihre Ausführungen zu den Regelungen KrTr-RL a.F., die eine Fahrkostenübernahme ausschlössen.
Am 24. Mai 2019 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig, mit der er sein Ziel einer Fahrkostenerstattung weiterverfolgt hat. Er hält die Voraussetzungen einer Fahrkostenerstattung nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 8 Abs. 2 KrTr-RL a.F. für gegeben. Der Kläg...