Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung bei Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zur Existenzgründung
Leitsatz (amtlich)
Die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung sind während der Bezugsdauer von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zur Existenzgründung auch dann nach dem 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße zu erheben, wenn die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine höhere Beitragsbelastung gestattete.
Tenor
I. Die Bescheide vom 24.03.2006 und 24.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2006 werden abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 14.06.2004 bis 30.06.2006 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe des 60. Teils der monatlichen Bezugsgröße festzusetzen.
III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1952 geborene Kläger war seit 01.01.1999 bis 30.06.2006 Mitglied der Beklagten und freiwillig versichert. Seit 14.06.2004 ist er hauptberuflich selbstständig im Modellbau tätig. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligt ihm hierfür fortlaufend einen Existenzgründerzuschuss, zuletzt im 3. Förderjahr ab 14.06.2006 durch Bewilligungsbescheid vom 22.05.2006.
Am 21.02.2006 übersandte der Kläger den Einkommensfragebogen für hauptberuflich Selbstständige. Beigefügt war sein Einkommensteuerbescheid vom 30.11.2005 für das Jahr 2004. Danach beliefen sich die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 18.316,00 €, bei einem zu versteuernden Einkommen von 14.005,00 €.
Daraufhin setzte die Beklagte durch Bescheid vom 24.03.2006 mit Wirkung ab 14.06.2004 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf 391,90 € und zur Pflegeversicherung auf 47,92 €, insgesamt 439,82 €, neu fest. Sie legte hierbei ein monatliches Einkommen in Höhe von 2.819,40 € zu Grunde. Für den Zeitraum 14.06.2004 bis 28.02.2006 müsse er sofort fällige 5.166,18 € nachentrichten.
Hiergegen legte der Kläger am 11.04.2006 Widerspruch ein. Im Jahre 2005 seien seine monatlichen Einnahmen ca. 1.000,00 € geringer gewesen.
Ferner kündigte er seine Mitgliedschaft zum 30.06.2006.
Am 08.05.2006 beantragte er die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides.
Nach betriebswirtschaftlicher Auswertung der Steuerbevollmächtigten S... per Dezember 2005 beläuft sich der Gewinn auf 16.082,50 € (monatlich 1340,21 €).
Durch weiteren Bescheid vom 24.05.2006 mahnte die Beklagte die Zahlung rückständiger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 5.519,13 €, zuzüglich Säumniszuschläge, Mahngebühr und Gebühr, insgesamt 5.580,53 € an. Bis 15.06.2006 habe er den Rückstand auszugleichen, ansonsten drohe ihm der Ausschluss aus der Mitgliedschaft.
Hiergegen legte der Kläger am 31.05.2006 erneut Widerspruch ein. Die Bundesagentur für Arbeit habe auch für das 3. Jahr der Selbstständigkeit einen Eingliederungszuschuss bewilligt (Bewilligungsbescheid vom 22.05.2006), ohne dass die Beklagte seine tatsächliche Gewinnsituation berücksichtigt habe. Die Abstellung auf den Zeitpunkt der Vorlage des Einkommensteuerbescheides für die Beitragsfestsetzung führe zu einer unbilligen Härte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie habe auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihrer freiwilligen Mitglieder abzustellen, für die das Bruttoprinzip maßgebend sei. Bei hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwilligen Mitgliedern gelte als beitragspflichtige Einnahme grundsätzlich ein monatliches Bemessungsentgelt in Höhe von 3.487,50 € für das Jahr 2005, was gleichzeitig der Beitragsbemessungsgrenze zur Kranken- und Pflegeversicherung entspreche. Wenn dieser Betrag nicht erreicht werde, sei das tatsächliche Einkommen durch Vorlage eines Einkommensteuerbescheides nachzuweisen, das dann in tatsächlicher Höhe berücksichtigt werden könne. Der Mindestbetrag des 40. Teils der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2005, d.h. 1.811,50 €, dürfe jedoch nicht unterschritten werden. Hier habe sie ein Einkommen von 2.819,40 € zu Grunde gelegt, das sich insgesamt aus dem im Einkommensteuerbescheid 2004 nachgewiesenen Einkommen zuzüglich des Zuschusses der Bundesagentur für Arbeit errechne.
Der Kläger hat deswegen am 02.10.2006 unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruch Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Jahre 2005 und 2006 seien auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2005 vorzunehmen.
Die Ladungen zur mündlichen Verhandlung vom 29.02.2008, zum Erörterungstermin vom 10.10.2008 und zum 22.01.2009 wurden auf Antrag der Prozessbevollmächtigten verlegt. Am 12.03.2009 hat ein Erörterungstermin vor dem Vorsitzenden stattgefunden; auf die Niederschrift hierzu wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 24.03.2006 und 24.05....