Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht bei Ausübung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen. Beginn der Sozialversicherungspflicht
Leitsatz (amtlich)
Wenn zwischenzeitlich die Entgeltgrenze von 400.- Euro überschritten ist, tritt Versicherungspflicht bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen erst ein, wenn die entsprechende Feststellung des Rentenversicherungsträgers oder der Einzugsstelle bekanntgegeben worden ist. Der rückwirkende Eintritt von Versicherungspflicht ist ausgeschlossen, ohne dass es auf ein Verschulden des Arbeitgebers ankommt.
Tenor
I. Der Bescheid vom 14.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht bei Mehrfachbeschäftigung.
Die Klägerin betreibt eine Unternehmensberatungsgesellschaft, die die Beigeladene zu 1), C..., geboren am 1963, seit Mitte 2006 als Reinigungskraft im Unternehmen einstellte. Sie meldete sie als geringfügig entlohnte Beschäftigte an.
Durch Bescheid vom 26.06.2008 stellte die Beklagte fest, dass C... neben ihrer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Haupt-Beschäftigung mehr als eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ausübe. In einem derartigen Fall bleibe jedoch nur die zeitlich zuerst aufgenommene geringfügig entlohnte Beschäftigung versicherungsfrei. Jede weitere geringfügig entlohnte Nebenbeschäftigung sei hingegen versicherungspflichtig, weil diese mit der nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammengerechnet werde. Zwar trete bei der Zusammenrechnung mehrerer Beschäftigungen die Versicherungspflicht erst mit dem Tage der Bekanntgabe der Feststellung ein; dies gelte jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt habe, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären. Sie müsse prüfen, ob bei der Klägerin Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und gegebenenfalls Versicherungspflicht für die Vergangenheit vorliege. Die Klägerin möge dies nachweisen. Maßgebend für den Beginn der Versicherungspflicht sei der Tag der Bekanntgabe dieses Schreibens, spätestens der 29.06.2008. Die Beschäftigte sei bei einer wählbaren Krankenkasse als versicherungspflichtige Beschäftigte anzumelden.
Daraufhin erklärte die Klägerin am 13.08.2008, sich bei der Einstellung von Frau C... nach weiteren Beschäftigungsverhältnissen erkundigt zu haben. Danach sei diese bei einer Kirchgemeinde beschäftigt gewesen, wobei die Summe der Arbeitsentgelte jedoch unter 400,00 € monatlich gelegen habe.
Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14.07.2008 Versicherungspflicht ab 01.03.2008 (dem Beginn einer weiteren, die Einnahmegrenze von 400,00 € überschreitenden Beschäftigung) bis zum Ablauf des Tages vor der Bekanntgabe des Bescheides vom 26.06.2008 fest. Die Klägerin habe bei Einstellung der Beschäftigten keine schriftliche Abfrage nach weiteren Beschäftigungsverhältnissen vorgenommen, so dass der Arbeitgeber mangels eingereichter Unterlagen grob fahrlässig gehandelt habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 08.08.2008 Widerspruch ein. Frau C... habe bei ihrer Einstellung wahrheitsgemäß angegeben, noch eine weitere geringfügige Beschäftigung auszuüben, die jedoch die 400,00 €-Grenze nicht überschreite. Diese Aussage sei zum damaligen Zeitpunkt zutreffend gewesen und wäre bei schriftlicher Auskunft auch nicht anders erfolgt. Die Beschäftigte habe erst nachträglich, vermutlich ab März 2008, eine weitere Tätigkeit aufgenommen, über die sie selbst erst durch Bescheid der Beklagten vom 26.06.2008 in Kenntnis gesetzt worden sei. Für eine rückwirkende Beitragspflicht fehle es aber an den gesetzlichen Voraussetzungen, weil eine Versicherungspflicht erst ab Bekanntgabe eines Bescheides der Deutschen Rentenversicherung entstehen könne.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei mehreren geringfügig entlohnten Beschäftigungen neben einer nicht geringfügig entlohnten Beschäftigung scheide nur eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aus der Zusammenrechnung aus und bleibe versicherungsfrei. Dies gelte indes nur für die zuerst aufgenommene Beschäftigung. Da die Klägerin den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt habe, habe sie grob fahrlässig ihre Arbeitgeberpflichten verletzt, so dass Versicherungspflicht vom 01.03.2008 bis 28.06.2008 bestehe. Insoweit sich die Klägerin auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg berufe, sei dieses Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Die Klägerin hat deswegen am 30.10.2008 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Die Arbeitnehmerin habe sie über eine weitere aufgenommene Tätigkeit ab 01.03.2008 nicht in Kenntnis gesetzt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 14.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 19.03.2009 hat das Gericht C... zum Verfahren notwendig beigeladen, mit weiterem Beschluss...