Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Tod nach Notfallaufnahme im Krankenhaus. Abgrenzung von stationärer zu ambulanter Behandlung
Leitsatz (amtlich)
An dem Merkmal der "geplanten Aufenthaltsdauer" zur Abgrenzung von stationärer zu ambulanter Behandlung ist auch dann festzuhalten, wenn der Versicherte wenige Minuten nach notfallmäßiger stationärer Aufnahme verstirbt; denn eine nachträglich wertende (finale) Betrachtung danach, ob tatsächlich in nennenswertem Umfang die spezifischen Mittel des Krankenhauses eingesetzt worden sind, ist ausgeschlossen.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 987,52 € nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 987,52 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über stationäre Behandlungskosten.
Nachdem der am 30.03.1933 geborene Rentner G. P. seit einer Woche unter Herzschmerzen litt, wurde am 04.02.2000 der Notarzt verständigt. Nach einstündiger Reanimation wurde er noch am selben Tag in das Krankenhaus der Klägerin um 22.40 Uhr eingeliefert. Beim Eintreffen zeigte er weite und entrundete Pupillen ohne Lichtreaktion und Reaktion auf starke Schmerzreize. Im EKG zeigte sich zum Teil eine geringe pulslose elektrische Aktivität, dann Asystolie. Mangels ausreichender Aussicht auf eine erfolgreiche Wiederbelebung brachen die Ärzte der Klägerin die Reanimation ab. Sie diagnostizierten einen Herz-Kreislauf-Stillstand bei elektromechanischer Entkoppelung, am ehesten auf Grund eines akuten Myokardinfarktes. In der Todesbescheinigung vom 05.02.2000 gab die Klägerin als unmittelbare Todesursache einen akuten Myokardinfarkt auf Grund einer koronaren Herzerkrankung an.
Laut Aufnahmeanzeige der Klägerin vom 17.02.2000 erfolgte die Aufnahme am 04.02.2000 um 22.45 Uhr, der Tod trat nach der Todesbescheinigung am selben Tag um 22.50 Uhr ein. Sie habe die Entlassung am 19.02.2000 um 22.35 Uhr geplant.
Mit Endrechnung für den stationären Aufenthalt machte die Klägerin geltend: Basis allgemein in Höhe von 116,01 DM, Abteilungspflegesatz intensiv 1.804,41 DM und Zuschlag 11,00 DM, zusammen 1.931,42 DM.
Daraufhin holte die Beklagte zur Überprüfung ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Dr. S. vom 21.11.2000 ein. Danach entsprächen die jeweils durchgeführten Maßnahmen der EBM-Nr. 332. Zusätzliche Maßnahmen, die nicht im EBM-Katalog definiert seien und über eine Notfallbehandlung hinausgingen, d. h. ausschließlich im Rahmen einer vollstationären Behandlung erbracht werden könnten, seien nicht ersichtlich.
Die Beklagte teilte daraufhin unter dem 18.12.2000 mit, dass sie die geltend gemachten Kosten nicht übernehmen werde.
Die Klägerin hat deshalb am 09.12.2002 Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben. Sie sei berechtigt, stationäre Behandlungskosten geltend zu machen, da G. P. in den Stationsbetrieb und das Versorgungssystem der Klinik eingegliedert worden sei. Entscheidend für den stationären Aufenthalt sei der wirtschaftliche, technische und personelle Aufwand, den sie habe betreiben müssen. Die für die Wiederbelebungsmaßnahmen erbrachten vorbereitenden Maßnahmen wären ambulant nicht erbringbar gewesen, wie die Bereitstellung und Aufrüstung eines Bettenplatzes mit Monitor, Vorbereitung eines Beatmungsgerätes, Bereitstellung des Notfallwagens mit Defibrillator, Bereitstellung von Material für die Anlage von Kathetern und Perfusoren zur Verabreichung von Medikamenten. Noch vor der Ankunft des Patienten habe sie die Notfallversorgungsapparaturen in Gang gesetzt.
Entscheidend sei der Aufnahmezeitpunkt. Der Patient sei als vollstationärer Notfall aufgenommen worden. Der vorangegangene Notdienst solle lediglich helfen, den Patienten bis zur normalen Versorgung im Krankenhaus lebenserhaltend zu überbrücken. Eine nur “notfallmäßige„ Behandlung des Patienten hätte der ärztlichen Sorgfaltspflicht widersprochen, zumal nicht absehbar gewesen sei, ob eine Herzoperation hätte eingeleitet werden können und müssen. Sie habe auch Nachbereitungsaufwand betreiben müssen. Der Patient habe ein normales Klinikbett belegt und sei nicht nur im Wege des Notdienstes versorgt worden. Die Länge der stationären Betreuung sei hierfür unmaßgeblich. Der Leistungsumfang sei nicht entscheidend. Nach ihrem Behandlungsplan hätte der Aufenthalt des Patienten mehr als einen Tag angedauert. Auch vom wirtschaftlichen Standpunkt her sei ein tagesgleicher Pflegesatz nicht überzogen, weil kein Aufenthalt ohne jegliche ärztliche Behandlung stattgefunden habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 987,52 € nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es habe sich um eine ambulante Notfallbehandlung gehandelt. Bereits bei Eintreffen habe der Patient weite, entrundete Pupillen ohne Lichtreaktion und Reaktionen auf Schmer...