Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme der Kosten der ambulanten häuslichen Pflege an Stelle der Heimunterbringung

 

Orientierungssatz

1. Kosten der ambulanten häuslichen Pflege können nach § 13 SGB 12 übernommen werden, wenn für den Hilfebedürftigen eine Heimunterbringung unzumutbar ist und bei der ambulanten häuslichen Pflege keine unverhältnismäßigen Mehrkosten entstehen.

2. Die Unzumutbarkeit der Heimunterbringung orientiert sich ausschließlich an der konkreten Schwere der Folgen einer Heimunterbringung. Die Prognose, dass sich der Zustand des Hilfebedürftigen nicht verbessern würde, wenn er im Heim untergebracht werden würde, genügt nicht.

3. Im Rahmen des Kostenvergleichs ist auf die Mehrkosten abzustellen, welche für den örtlichen Sozialhilfeträger entstünden.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller erstrebt von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten der ambulanten häuslichen Pflege ab dem 01. Februar 2007.

Der 1933 geborene Antragsteller leidet an einem komplexen Krankheitsbild, insbesondere an einer koronaren Herzerkrankung und degenerativen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, und ist pflegebedürftig in der Pflegestufe 3. Der Antragsteller wird zu Hause von einem Pflegedienst versorgt. Seit Februar 2007 sind die Kosten nicht mehr von der Pflegeversicherung gedeckt. Der Antragsteller ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwer behindert. Sein Schwerbehindertenausweis weist die Merkzeichen G, aG und H auf (Bl. 22 der Verwaltungsakte).

Im Jahre 2004 erstellte Dr. E. eine nervenärztliche Stellungnahme über den Antragsteller, nach der im Falle der Zwangsversteigerung eine Suizidgefahr bestehen würde (Bl. 80 bis 81 der Verwaltungsakte).

Der Antragsteller bezieht eine Altersrente in Höhe von 1.028,67 Euro pro Monat (Bl. 16 der Verwaltungsakte), eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 397,68 Euro (Bl. 17 der Verwaltungsakte) und eine Unfallrente in Höhe von monatlich 517,24 Euro (Bl. 18 der Verwaltungsakte).

Die Ehefrau des Antragstellers, Frau F., wurde vom G. mit Gutachten vom 09. März 2007 ( Bl. 84 bis 94 der Verwaltungsakte) in die Pflegestufe 1 eingestuft.

Der Antragsteller stellte am 29. Januar 2007 bei der im Auftrag des Antragsgegners handelnden Stadt Lüneburg einen Antrag auf Übernahme der ungedeckten Pflegesachleistungen. Die Kosten der häuslichen Pflege betragen 4.095,21 Euro pro Monat, wobei die Pflegekasse einen Betrag von 1.432,-- Euro zahlt.

Die Stadt H. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09. Februar 2007 ab (Bl. 70 bis 71 der Verwaltungsakte) und begründete dies wie folgt:

Die Unterbringung des Antragstellers in einem Altenheim sei zumutbar, zumal er schwerst pflegebedürftig sei. Die Aufwendungen für die ambulante Pflege seien mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden. Es würden Heimkosten von 2.452,-- Euro bis 2.907,-- Euro entstehen, denen ambulante Pflegekosten mit einem Eigenanteil von 2.663,-- Euro entgegenstünden. Dies resultiere aus der Tatsache, dass er bei einer Heimunterbringung seine Renteneinkünfte voll einbringen müsste und der Antragsgegner nicht belastet werden würde.

Dagegen legte der Antragsteller unter dem 14. Februar 2007 Widerspruch ein ( Bl. 95 bis 96 der Verwaltungsakte), den er damit begründete, dass eine Prüfung der Zumutbarkeit der Heimunterbringung nicht stattgefunden habe. Er würde durch letztere in zentralen Grundrechten verletzt und auch Ehe und Familie würden beeinträchtigt werden. Es drohe Suizidgefahr.

Der Antragsteller hat am 22. März 2007 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Er trägt vor:

Der Antragsteller sei auf die Hilfe des Pflegedienstes angewiesen, da seine Ehefrau ebenfalls pflegebedürftig sei. Die Unterbringung in einem Heim sei aus persönlichen Gründen unzumutbar. Es bestünde die Gefahr, dass sich die Krankheit deutlich verschlechtere und eine psychische Dekompensation eintrete, so dass ein Suizid drohe. Aus einer Bescheinigung von Dr. B. vom 26. März 2007 (Bl. 39 der Gerichtsakte) würde sich ergeben, dass jede Form psychischer Belastung zu vermeiden sei.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die ambulante häusliche Pflege des Antragstellers ab dem 01. Februar 2007 entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu übernehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt unter Bezugnahme auf den erlassenen Bescheid vor:

Bei häuslicher Pflege müsste der Antragsteller einen Eigenanteil von 657,49 Euro (60 Prozent des Einkommensüberschusses) zahlen, so dass der Antragsgegner die übrigen knapp 2.000,-- Euro übernehmen müsse. Die Unterbringung im Heim, die der Antragsteller selbst tragen könne, sei ihm zumutbar. Die Aufwendungen für die ambulante Pflege seien mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird au...

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