Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Betragsrahmengebühr. Grundsicherung für Arbeitssuchende. Verfahrensgebühr gem RVG-VV Nr 3102. Höhe der fiktiven Terminsgebühr gem RVG-VV Nr 3106. keine analoge Anwendung der RVG-VV Nr 3104. reformatio in peius im Erinnerungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gebührenbemessung in Verfahren nach den Bestimmungen des SGB II, in denen Betragsrahmengebühren entstehen; zur Höhe der (fiktiven) Terminsgebühr und zum Verbot der reformatio in peius im Erinnerungsverfahren.

 

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 20. Januar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 05. Januar 2009 - S 19 AS 897/08 - wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren um die Höhe des Gesamtvergütungsanspruches des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin für ein Klageverfahren über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsforderung der Beklagten und Erinnerungsgegnerin (im Folgenden: Erinnerungsgegnerin) im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II), das nach etwa einmonatiger Verfahrensdauer durch die Annahme eines von der Erinnerungsgegnerin abgegebenen Anerkenntnisses seine Erledigung fand.

Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 380,80 € ist - jedenfalls zu Ungunsten der Erinnerungsführerin - kostenrechtlich nicht zu beanstanden. Denn einen höheren als den bereits festgesetzten Betrag kann die Erinnerungsführerin nicht beanspruchen.

Die Kammer hält für das hier zugrunde liegende Klageverfahren eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe eines Betrages von 357,00 € für angemessen. Dabei ist eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 180,00 € (dazu unter 1.) und eine (fiktive) Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 100,00 € (dazu unter 2.) in die Berechnung einzustellen. Die übrigen Gebührenpositionen standen zwischen den Beteiligten nicht im Streit (dazu unter 3.).

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.

Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.

1. Danach hat der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 180,00 € verdient. Die Verfahrensgebühr ist dabei dem Rahmen der Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - zu entnehmen. Dieser Rahmen sieht eine Gebührenspanne von 40,00 € bis 460,00 € vor. Erweist sich das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 R...

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