Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Grundsicherung im Alter. Kosten der Unterkunft. Zumutbarkeit eines Umzugs bei hohem Lebensalter. Ermittlung angemessener Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Allein ein hohes Lebensalter (hier: 80 Jahre) steht für sich genommen einem Umzug zur Senkung unverhältnismäßig hoher Unterkunftskosten beim Bezug von Grundsicherungsleistungen im Alter nicht entgegen.
2. Im Rahmen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB 12 gilt bei der Ermittlung angemessener Unterkunftskosten im Land Niedersachsen eine Fläche bis zu 50qm bei einem alleinstehenden Hilfeempfänger als angemessen.
3. Hat ein Sozialleistungsträger für die Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten kein schlüssiges Konzept aufgestellt, so ist für die Beurteilung der Angemessenheit die Wohngeldtabelle zugrunde zu legen, wobei ein Sicherheits- bzw. Billigkeitszuschlag von 10 Prozent auf die dort enthaltenen Werte vorzunehmen ist.
4. Zur Ermittlung angemessener Heizkosten ist auf den Bundesheizspiegel abzustellen. Dabei findet auch bei einer unangemessen großen Wohnung keine (zusätzliche) Begrenzung der zu übernehmenden Heizkosten auf die angemessene Wohnungsgröße statt.
5. Einzelfall zur Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizungskosten für einen Ein-Personen-Haushalt im Rahmen von Grundsicherungsleistung im Alter (hier: abgelehnt).
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 23. Mai 2008, abgeändert durch Bescheide vom 25. Juni, 15. Juli 2008 und 02. Juni 2009, in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 02. Januar und 09. Februar 2009 verurteilt, der Klägerin Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 01. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2009 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 308,00 Euro für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. Dezember 2008 und in Höhe von monatlich 321,20 Euro für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2009 sowie Kosten der Heizung in Höhe von monatlich 67,87 € für die Zeit von Mai bis Juni 2008, 67,80 Euro monatlich für Juli bis Dezember 2008 und 67,50 Euro monatlich für die Zeit von Januar bis Juni 2009 zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat der Klägerin zwei Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin erstrebt im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2009.
Die 1922 geborene Klägerin bezieht neben einer Altersrente, einer Witwenrente und einer Rente aus betrieblicher Altersversorgung von monatlich insgesamt 708,87 Euro Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung seit dem Jahre 2005. Sie bewohnt seit dem Jahre 1998 eine 68,55 m² große Wohnung in der Straße F. und hat monatlich eine Kaltmiete von 376,-- Euro zuzüglich Nebenkostenabschlägen von 65,86 Euro und Heizkostenabschlägen von 41,-- Euro im Jahre 2008 zu entrichten. Ab dem 01. Januar 2009 belaufen sich die Abschläge auf monatlich 63,-- Euro bzw. 72,-- Euro. Nach der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2009 vom 24. März 2009 sind jeweils monatlich Nebenkosten von 74,02 Euro und Heizkosten inklusive Warmwasserzubereitung von 75,58 Euro entstanden. Die Beheizung der Wohnung erfolgt durch Erdgas, und das Warmwasser wird über die Heizung zubereitet.
Der Beklagte erklärte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2006, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen seien. Angemessen sei am Wohnort der Klägerin nach der Wohngeldtabelle ein Betrag von maximal 280,-- Euro für Kaltmiete und kalte Nebenkosten. Auf ihren Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Juni 2007 Grundsicherung für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 in Höhe von monatlich 105,74 Euro.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2008 änderte der Beklagte den Bescheid ab und bewilligte für die Zeit vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2008 Grundsicherung in Höhe von monatlich 113,27 Euro, wobei er als Grund der Änderung gestiegene Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anführte. Dabei berücksichtigte er eine Grundmiete von 225,-- Euro zuzüglich Nebenkosten von 65,86 Euro und Heizkosten von 41,-- Euro.
Auf ihren Fortzahlungsantrag gewährte er der Klägerin mit Bescheid vom 23. Mai 2008 Grundsicherung für die Zeit vom 01. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 113,27 Euro unter gleichbleibenden Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Dagegen legte die Klägerin am 29. Mai 2008 Widerspruch ein, welchen sie damit begründete, dass dieser sich ausschließlich gegen die Kosten der Unterkunft richte. Die kalten Nebenkosten betrügen 68,42 Euro monatlich und die Heizkosten 71,19 Euro, von denen nach Absetzung des Warmwasseranteils 64,97 Euro zu übernehmen seien. Es seien die Werte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zuzüglich 10 Prozent zugrunde zu legen aufgrund des Urteils des Landessozialgerichtes (LSG) Niedersachsen-B...