Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Bei der Frage der Übernahmefähigkeit von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft gilt nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin der Grundsatz, dass Tilgungsleistungen, weil sie der Vermögensbildung dienen, grundsätzlich keine Kosten der Unterkunft sind.
2. Eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung gilt nach der Entscheidung des BSG vom 18. 6. 2008 für den Fall, dass der Hilfebedürftige sonst gezwungen wäre, seine Wohnung aufzugeben. In einem solchen Fall ist eine Übernahmefähigkeit gegeben bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung.
3. Der Hilfebedürftige ist aber in jedem Fall verpflichtet, auf eine Absenkung seiner Zins- und Tilgungszahlungen hinzuwirken. Unterlässt er eine mögliche Absenkung oder Tilgungsstreckung und kommt er damit seiner Selbstverpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 SGB 2 nicht nach, so ist eine Übernahme von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft ausgeschlossen.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 26. März und 21. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2008 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01. Februar bis 30. Juni 2008 Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von monatlich 127,57 Euro zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat den Klägern 19 Prozent ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
4. Die Berufung der Beklagten wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger erstreben von der Beklagten im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II die Gewährung höherer Unterkunfts- und Heizkosten für die Zeit vom 01. Februar bis 30. Juni 2008.
Die I. geborene Klägerin zu 1. und ihr Ehemann, der J. geborene Kläger zu 2., beziehen seit dem Jahre 2008 Grundsicherung. Sie bewohnen ein Ende des 19. Jahrhunderts erbautes Eigenheim in K. mit einer Wohnfläche von 119,49 m² und einer Grundstücksfläche von 1.513 m². Ende Januar 2008 bestanden Grundkreditschulden bei der Bank L. in Höhe von 6.035,72 Euro mit zum damaligen Zeitpunkt einer monatlichen Tilgungsrate von 110,76 Euro, bei der M. Bank in Höhe von 8.844,-- Euro mit monatlicher Tilgung von 201,-- Euro und Zinsen von 480,08 Euro und bei der N. mit einer Tilgung von 227,42 Euro und Zinsen von 79,36 Euro. Bei letzterem handelt es sich um einen Verbundkredit mit der O., welcher 1997 mit einer Summe von 100.000,-- DM aufgenommen wurde.
Die monatlichen Nebenkosten setzen sich nach von den Klägern vorgelegten Nachweisen zusammen aus Grundsteuer (4,41 Euro), Schornsteinfegergebühren (8,12 Euro), Wohngebäudeversicherungsprämie (18,97 Euro), Trink- und Schmutzwassergebühren (16,31 Euro), Abfallgebühren (9,25 Euro) Kosten Deichverband (1,53 und 0,82 Euro) (Bl. 82 bis 91 der Gerichtsakte).
Ferner zahlten die Kläger auf ein aufgenommenes Bauspardarlehen bei der N. im Jahre 2007 monatlich Zinsen zwischen 80,-- und 100,-- Euro (Bl. 11 der Verwaltungsakte).
Nach vorherigem Antrag bewilligte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 25. März 2008 (Bl. 65 bis 66 der Verwaltungsakte) Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 86,85 Euro für den Monat Februar 2008 und monatlich 883,68 Euro für die Zeit vom 01. März bis 30. Juni 2008. Dabei berücksichtigte sie Unterkunftskosten des Eigenheims von 126,13 Euro, Nebenkosten von 58,90 Euro und Heizkosten von 74,65 Euro. Die Kläger verbrauchten durchschnittlich 2.000 Liter Heizöl jährlich, also 138,83 Euro im Monat. Davon seien die Regelsatzanteile für Warmwasser von 11,26 Euro abzusetzen.
Dagegen legten die Kläger am 04. April 2008 Widerspruch ein (Bl. 82 bis 84 der Verwaltungsakte), den sie damit begründeten, dass die Unterkunftskosten fehlerhaft berechnet worden seien. Es sei unter anderem die Tilgungsrate des Kredits bei der O.zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 16. April 2008 (Bl. 94 bis 95 der Verwaltungsakte) änderte die Beklagte die Bewilligung ab und gewährte für Februar einen Betrag von 92,99 Euro und für die Zeit vom 01. März bis 30. Juni 2008 in Höhe von 889,82 Euro, wobei sie die Zinsbelastung anpasste und nunmehr Unterkunftskosten des Eigenheims von 132,37 Euro berücksichtigte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Kläger zahlten Zinsen in Höhe von 132,37 Euro für die LBS und die M. Bank. Tilgungsbeiträge seien nicht zu übernehmen, da diese der Vermögensbildung dienten. Von den Heizkosten sei ein Warmwasserabschlag von 20 Prozent abzusetzen.
Dagegen haben die Kläger am 29. April 2008 Klage erhoben.
Sie tragen vor:
Es sei auch die Kredittilgung von monatlich 227,42 Euro zu übernehmen. Ferner seien Nebenkosten von 60,25 Euro und Heizölkosten ohne Warmwasser von 128,83 Euro zu tragen. Die Nichtzahlung der Tilgung würde zum Verlust der Unterkunft führen. Die Tilgungsstreckung würde zusätzliche ...